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Reaktion auf Panama PapersSchäubles 10-Punkte-Plan

Nach den Panama-Enthüllungen will Finanzminister Schäuble Steueroasen austrocknen. Und schlägt einen Aktionsplan vor – der Briefkastenfirmen weiter erlaubt.

Hat da einen Plan: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble Foto: dpa

BERLIN rtr | Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble startet nach der Enthüllung der Panama Papers einen internationalen Vorstoß gegen Briefkastenfirmen. „Wir brauchen weltweit völlige Transparenz“, forderte Schäuble am Wochenende. In einem Zehn-Punkte-Plan will er Steueroasen austrocknen. Hierzu schlägt er unter anderem international vernetzte Firmen-Register und eine einheitliche „Schwarze Liste“ von Steueroasen vor. Generell verbieten will Schäuble anonyme Briefkastenfirmen aber nicht.

Die Süddeutsche Zeitung und ein internationales Recherche-Netzwerk berichten seit einer Woche über Hunderttausende Firmen, die die panamaische Kanzlei Mossack Fonseca weltweit für Reiche, Politiker und Prominente in Steueroasen eingerichtet hatte. Weil sich dort die wahren Eigentümer verschleiern lassen, stehen Vermutungen über Geldwäsche und Steuerhinterziehung im Raum.

Kernstück von Schäubles Zehn-Punkte-Plan sind Transparenz-Register, in denen die wahren Eigentümer von Firmen aufgelistet werden. Für die EU ist das bereits mit der vierten Geldwäsche-Richtlinie vereinbart, die bis 2017 national umgesetzt werden muss. Schäuble will in einem zweiten Schritt diese nationalen Register vernetzen. So könnten jene gefunden werden, die sich hinter Briefkastenfirmen versteckten, sagte er der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“.

Ebenfalls 2017 in Kraft treten soll das von Schäuble maßgeblich angestoßene Abkommen zum automatischen Austausch von Steuerinformationen, dem sich bisher fast 100 Staaten angeschlossen haben. Schäuble sagte, die Panama Papers verstärkten den Druck auf andere Staaten, sich ebenfalls daran zu beteiligen. Als ein Beispiel dafür nannte er die USA.

In dem Aktionsplan ist außerdem vorgesehen. dass die Verjährungsfrist bei Steuerstraftaten künftig erst beginnen soll, wenn ein Steuerpflichtiger seinen Informationspflichten nachgekommen ist. Länder wie Panama und andere Steueroasen will er außerdem auf eine international vereinheitlichte „Schwarze Liste“ setzen. In der Folge wären bestimmte Finanzgeschäfte mit diesen Staaten verboten. Die Industrieländerorganisation OECD führt bereits eine Liste, an der sich Deutschland orientiert.

Hier die zentralen Punkte des Aktionsplans:

1. Schäuble drängt Panama, dem internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen beitreten und dafür zu sorgen, dass inaktive und substanzlose Gesellschaften und deren Gesellschafter identifiziert werden können. Wenn Panama nicht rasch kooperiert, will Schäuble dafür eintreten, bestimmte in Panama getätigte Finanzgeschäfte international zu ächten.

2. Die verschiedenen nationalen und internationalen „schwarzen Listen“ mit Steueroasen sollen vereinheitlicht werden. Die Federführung soll einer internationalen Organisation wie der Industrieländerorganisation OECD übertragen werden.

3. Schäuble will erreichen, dass weltweit möglichst alle Staaten und Gebiete den neuen Standard für den automatischen Informationsaustausch umsetzen, der 2017 beginnen soll. Bisher haben sich der von Schäuble maßgeblich mit angestoßenen Initiative fast 100 Staaten angeschlossen.

4. Der automatische Informationsaustausch soll einen Überwachungsmechanismus bekommen. Die Aufgabe soll das Global Forum der OECD übernehmen, die außerdem Sanktionen für nachlässige oder nicht kooperierende Staaten entwickeln soll.

5. Schäuble setzt sich weltweit für Register der wirtschaftlich Berechtigten von Firmen ein, um die Hintermänner von Unternehmenskonstruktionen transparenter zu machen. Mit der vierten Anti-Geldwäsche-Richtlinie der EU ist ein solches Register für die EU-Staaten bereit vereinbart worden. Die EU-Staaten müssen die Richtlinie bis 2017 national umsetzen.

6. Diese nationalen Transparenz-Register sollen nach Schäubles Willen weltweit systematisch vernetzt werden. Steuerverwaltungen sollen Zugriff auf Geldwäscheregister bekommen, wie dies in Deutschland bereits geplant ist.

Die Register sollen auch Nichtregierungsorganisationen und Fachjournalisten offenstehen können. Umgekehrt erwartet Schäuble aber, „dass diese Nichtregierungsorganisationen und Journalisten die Ergebnisse ihrer Recherchen auch den zuständigen Behörden zur Verfügung stellen“.

7. Anbieter von Steuersparmodellen sollen verpflichtet werden, diese den Steuerbehörden offen zu legen.

8. Schäuble will schärfere Verwaltungssanktionen für Unternehmen einführen. Eine wirksame strafrechtliche Verfolgung von Fehlverhalten scheitere oftmals am Nachweis persönlichen Verschuldens. Daher sollten künftig die Unternehmen selbst stärker zur Verantwortung gezogen werden können.

9. Die Verjährung von Steuerhinterzieher soll erst einsetzen, wenn ein Steuerpflichtiger seinen bestehenden und neuen Meldepflichten für Auslandsbeziehungen nachgekommen ist.

10. In Deutschland will Schäuble die Maßnahmen gegen Geldwäsche verstärken. Nach den bereits eingeführten strengeren Regeln gegen Geldwäsche im Finanzsektor zielt Schäuble nun auf den gewerblichen Bereich. Dessen Kontrolle ist hierzulande allerdings Sache der Bundesländer.

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3 Kommentare

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  • Arbeitslosigkeit in Deutschland gibt nicht deswegen, weil Menschen nicht arbeiten wollen oder nicht gut genug qualifiziert sind. Zum einen ist es so, dass eine alleinige oder vorrangige Gewinnmaximierung mit der Sozialen Marktwirtschaft unvereinbar ist. Zweitens weil es Schattenwirtschaft wie briefkastenähnliche Konstrukte in Deutschland gibt. Drittens sind Wirtschaftsprüfungsgesellschaften private und nicht staatliche Unternehmen, die durch Unternehmen, die sie prüfen, bezahlt werden. Und letztendlich ist das deutsche Handelsrecht stark modernisierungsbedürftig.

  • „Umgekehrt erwartet Schäuble aber, „dass diese Nichtregierungsorganisationen und Journalisten die Ergebnisse ihrer Recherchen auch den zuständigen Behörden zur Verfügung stellen“.

     

    Ein Ansatzpunkt, wie man briefkastenähnliche Geschäfte beziehungsweise Firmen entdecken kann sind die plötzlichen Sprünge im Jahresgewinn. Und zwar nach oben und nach unten sowie zwischen den Konzernunternehmen oder Ländern, wo diese Unternehmen ansässig sind.

     

    Ein weiterer Ansatzpunkt ist ein Vergleich von Unternehmen in der gleichen Branche. Dabei stellt man das Verhältnis vom Umsatz zu Gewinn zu vergleichenden Unternehmen gegenüber. Warum eigentlich hat eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung oft deutlich weniger Gewinn als eine Aktiengesellschaft? Für eine Aktiengesellschaft ist es vorteilhafter mehr Gewinn auszuweisen, um mehr von eigenen Aktien verkaufen zu können; ist eine falsche Antwort. Es ist so, weil das Handelsrecht in Deutschland nicht perfekt ist!

  • Briefkastenfirmen und briefkastenähnliche Konstrukte befinden auch in der Schweiz, in Luxemburg und in Deutschland. Die sind branchenübergreifend und wirtschaftszweigunabhängig. Die Gesetzverstoße können auch von Finanzgeschäften mit Banken losgelost laufen.