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Reaktion auf KritikBsirske löst Flugticket nach

Verdi-Chef Frank Bsirske entschuldigt sich für seinen Freiflug auf Kosten der Lufthansa. In anderen Konzernen sind Vergünstigungen für Aufsichtsräte offenbar die Ausnahme

Schwierige Balance zwischen den Welten: Bsirske bei einem Warnstreik am Flughafen Frankfurt im Frühjahr. Bild: dpa

So weit wird es wohl nicht kommen: "Südsee-Bsirske rudert zurück", titelte gestern Bild doppeldeutig. Dabei wird der Vorsitzende der Gewerkschaft Ver.di wahrscheinlich wieder das Flugzeug nehmen, wenn er seinen Urlaubsort wieder verlässt. Aber wahrscheinlich wird er sein Ticket bezahlen - obwohl er das als Aufsichtsratsmitglied der Lufthansa nicht müsste. Weil das Nutzen dieses Privilegs durch Bsirske aber in letzter Zeit ziemlichen Wirbel verursachte, gab Bsirske nun nach. "Ich habe (…) die Brisanz, die dieser Flug in der öffentlichen Wahrnehmung ausgelöst, unterschätzt. Das war falsch", sagte Bsirske der Zeitung. Er habe das Büro des Aufsichtsrats gebeten, ihm "die Kosten des Erste-Klasse-Flugs vollständig in Rechnung zu stellen".

Dass Bsirske die Öffentlichkeit via Bild über seine verkrampfte Reue informierte, hat seinen Grund. Schließlich war es das Springer-Blatt, das am Freitag berichtete, dass Bsirske, der Vizeaufsichtsratschef der Lufthansa ist, in Begleitung seiner Frau mit der Airline gratis in der ersten Klasse nach Los Angeles und von dort weiter in die Südsee geflogen sei. Kurz nach dem Flug hatte der Streik begonnen, zu dem Ver.di im Tarifstreit mit der Lufthansa aufgerufen hatte. Mehrere Politiker aus CDU und FDP forderten Bsirske am Wochenende zum Rücktritt auf.

"Das Kontingent an Freiflügen steht allen Aufsichtsratsmitgliedern der Lufthansa AG zu - den Vertretern der Arbeitnehmer und Anteilseigner gleichermaßen", erklärte Bsirske gestern. Es werde hier aber offensichtlich mit zweierlei Maß gemessen. "Es ist eben nicht dasselbe, wenn zwei das Gleiche tun."

Allerdings, so ergab eine taz-Umfrage unter führenden deutschen Großkonzernen, ist die großzügige Privilegierung von Aufsichtsräten eher die Ausnahme. So bekommt ein TUI-Aufsichtsrat keine Sondervergünstigung, wenn er seinen Urlaub bei dem Touristikkonzern bucht. Und auch EnBW und RWE liefern keinen Gratisstrom für die Mitglieder des Gremiums. Auf kostenlose neue Autos können Aufsichtsräte ebenfalls nicht hoffen. Brigitte Bertram von Daimler sagte der taz: "Es gibt keine Sachbezüge für die Aufsichtsräte." Kauften Aufsichtsräte einen Mercedes, würden "lediglich marktübliche Rabatte gewährt". Michael Brendel aus der Volkswagen-Pressestelle verweist darauf, dass Aufsichtsräte die Möglichkeit haben, ein Auto des Konzerns zu leasen. "Sie bekommen dabei aber keine Sonderkonditionen." Geschäftsleute können die Rate im Rahmen der steuerlichen Gesetzgebung aber absetzen.

Die Deutsche Bahn ist etwas großzügiger. Die Aufsichtsratsmitglieder haben die Wahl: entweder fünf Freifahrten innerhalb Deutschlands in der 1. Klasse oder die Netzkarte 100, die in ganz Deutschland gilt, im Wert von 5.900 Euro in der 1. Klasse. Beides muss aber als geldwerter Vorteil versteuert werden.

Offenbar sind solche Privilegien also Auslaufmodelle. Zu Recht, meint der Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel. "Alle geldwerten Vorteile für Aufsichtsratsmitglieder müssen abgeschafft werden. Das ist ein Überbleibsel der Pfründeökonomie", sagte der Leiter des Instituts für Arbeit und Wirtschaft (IAW) in Bremen. Gewerkschaftsmitglieder in Aufsichtsräten würden ihre Einkünfte zum größten Teil an die gewerkschaftseigene Hans-Böckler-Stiftung abgeben.

Entspannter sieht das die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW): "Wir haben grundsätzlich nichts gegen Vergünstigungen jeglicher Art, egal ob sie an die Vertreter der Arbeitnehmer oder des Kapitals gezahlt werden", sagte Sprecher Marco Cabras der taz. Es sei wichtig, dass ein Aufsichtsrat die Produkte des Unternehmens genau kenne. "Im Falle von Herrn Bsirske ist das ein Flugzeug." Allerdings sollten solche Vergünstigungen in Geschäftsberichten transparent gemacht werden.

Mitarbeit: Thomas Gesterkamp

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6 Kommentare

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  • E
    Elmine

    Zwei Freiflüge erster Klasse in die Südsee hin und zurück....das kostet doch normalerweise Tausende....wenn das keine legalen Bestechungsversuche der Unternehmen sind, die so etwas praktizieren. Herr Bsirske hätte die Freiflüge ja auch an eine bedürftige Arbeiterfamilie verschenken können.... na mit der Moral ists nicht mehr weit her...

  • A
    ARE

    Ich hätte nichts bezahlt! Was die Blöd schreibt, sollte einem sowie so am Arsch vorbeigehen. Zudem war das Teil der Aufwandsentschädigung. In einem Brotbackkonzern wären es eben 5 Brötchen jeden Sontag Morgen gewesen. So waren es eben Freiflüge. Wie gesagt, ich hätte das vehement verteidigt!

  • L
    Lurchi

    @Barbara Kirsch:

     

    Aufsichtsräte üben tatsächlich eine gewissen Kontrollfunktion über den Vorstand aus. Dass dort nicht nur Leute des Kapitals sondern auch der Gewerkschaften sitzen, ist mehr als nur selbstverständlich - wo sonst könnte man besser dem Unternehmen auf die Finger schauen?

     

    Zudem muss Herr Bsirske seine dafür erhaltene Aufwandsentschädigung an Verdi bzw. die Hans-Böckler-Stiftung abgeben. Was er auch macht.

    ----

    Dieser sogennante Skandal ist heiße Luft seitens der üblichen Verdächtigen.

  • BW
    Bark Wind

    Ulli Müller hat recht! Bsirske wäre allerdings bei zu starker Kritik an manchen Verhältnissen seinen Aufsichtsratsposten schnell los (was ihn bei vielen Menschen aber umso glaubwürdiger machen würde).

     

    Der gespielte Aufstand der Scheinheiligen von Leuten, die sonst eine Politik u. Wirtschaft befürworten, die das Gegenteil von Armutsbekämpfung und Umweltschutz ist, war ja wirklich dreist.

     

    Aufsichtsratsmitlieder, Manager und Großaktionäre aller Unternehmen sollten übrigens öffentlich nachweisen, dass sie ihre häufigen Flüge mindestens auch klima-entschädigend über http://www.atmosfair.de 'neutralisieren', wenn sie schon meinen, unbedingt fliegen zu müssen. Auch Autofahrten mit schweren Spritfressern oder mit mehr als 110 km/h (oder beides) sollten sie in Flüge umrechnen und dann 'amortisieren', wenn sie schon nicht d'rauf verzichten können, bzw. wollen.

  • BK
    Barbara Kirsch

    Ich wundere mich nicht über die Freiflüge. Ich wundere mich über die Mitgliedschaft im Lufthansa-Ausichtsrat. Wie kann das denn gehen, wenn man als Gewerkschafter ein Gewissen hat.

  • UM
    Ulli Müller

    Warum das Geld der Lufthansa in den Rachen schmeißen?

    Freiflüge nutzen, Gegenwert zum Beispiel bei der Taz anlegen!

    Das ärgert dann sicher auch "die Blöd"!!