Razzia: Heimattreuer NPD-Chef im Visier
Bei der Razzia gegen die "Heimattreue Deutsche Jugend" durchsuchte die Polizei auch den Wohnsitz des Berliner NPD-Vorsitzenden Jörg Hähnel. Ende Oktober muss er in einem anderen Fall vor Gericht.
Vorsitzendendämmerung bei den Berliner Rechtsextremen. Der Chef der Berliner NPD, Jörg Hähnel, verstrickt sich immer mehr in mögliche Straftaten. Nachdem Anfang der Woche ein Ermittlungsverfahren wegen Verstößen gegen das Melderecht und das Landeswahlgesetz gegen Hähnel eingeleitet wurden, droht dem NPD-Chef nun auch ein Prozess wegen seiner Verbindung mit der rechtsextremistischen "Heimattreuen Deutschen Jugend" (HDJ).
Jörg Hähnels Spezialgebiet: das Schüren von Bürgerängsten. Im Sommer protestierte der 33-Jährige beim NPD-Aufmarsch gegen einen Sexualstraftäter in Joachimsthal (Foto). In Pankow hetzte er gegen den Moscheeneubau. Hähnel, in Frankfurt (Oder) geboren, ist Medienbeauftragter im NPD-Bundesvorstand und Berliner NPD-Chef. Daneben greift er immer wieder zur Klampfe: als "nationaler Liedermacher".
Bei den bundesweiten Razzien des Bundesinnenministeriums am Donnerstag wurden auch Hähnels Wohnungen in der Köpenicker NPD-Zentrale und im Brandenburgischen Am Mellensee von der Polizei durchsucht.
Laut dem Berliner Verfassungsschutz gilt Jörg Hähnel, ebenso wie seine Frau Stella Hähnel, als aktives Mitglied der HDJ. Die Organisation sei ein neonazistischer Jugendverband, der mit Zeltlagern und "Kulturtagen" schon Kleinstkindern eine rechtsextremistische Ideologie vermittele, so die Verfassungsschützer.
Damit nicht genug, steht Hähnel Ende des Monats wegen des Verdachts der öffentlichen Billigung von Straftaten vor Gericht. Der Rechtsextreme soll in einer Sitzung der Lichtenberger BVV die Ermordung der Kommunisten Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht 1919 als "politisch geboten" bezeichnet haben. Zudem forderte er die Umbenennung des Anton-Saefkow-Platzes nach Waldemar Pabst, der als Freikorps-Offizier maßgeblich an der Ermordung von Luxemburg und Liebknecht beteiligt war.
Ärger droht Hähnel schließlich in der Lichtenberger Bezirksverordnetenversammlung (BVV). Die Wahlämter von Treptow-Köpenick und Lichtenberg ermitteln seit Anfang der Woche, ob der 33-Jährige einen falschen Wohnsitz vortäuscht. Geprüft wird, ob Hähnel, wie von ihm angegeben, in der NPD-Zentrale in Berlin lebt oder bei seiner Familie in Brandenburg.
Ein Wohnsitz außerhalb Berlins würde Hähnels Mandatsverlust bedeuten. Laut Landeswahlgesetz muss jedes Mitglied des Abgeordnetenhauses und der BVV seinen Hauptwohnsitz in Berlin haben.
Zum bürgerlichen Image, das sich die NPD verordnet hat, passt das Auftreten ihres Landeschefs herzlich wenig. NPD-Bundesparteisprecher Klaus Beier spricht dagegen von "Bagatellen" Hähnels. Dessen Einsatz in der HDJ sei "unterstützenswerte Jugendarbeit".
Erst im Juni dieses Jahres hatte Hähnel den Berliner Parteivorsitz übernommen. Er gilt als einer der führenden deutschen Rechtsextremisten: Hähnel ist Mitglied im NPD-Bundesvorstand und tourt als "nationaler Liedermacher" durchs Land. Müsste Hähnel seinen Landesvorsitz räumen, hätte die NPD ein Problem: Der Verfassungsschutz bescheinigt dem Berliner Verband "eine desolate personelle Situation", die hinter Hähnel keine Führungsköpfe habe.
Evrim Baba von der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus hofft dagegen auf einen zügigen Abgang Hähnels. "Er ist ein gefährlicher Rechtsextremer, der in kein Parlament gehört." Baba hatte die Ermittlungen zum Wohnsitz Hähnels angestoßen. Daraufhin wurde die Linken-Abgeordnete in einem Internetforum der rechten Szene mit Beleidigungen und Gewaltandrohungen angegriffen. "Ich werde mich davon nicht mundtot machen lassen", so Baba.
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