piwik no script img

RazziaEin ungewöhnlicher Job

Bei der Durchsuchung der "Berliner Morgenpost" beschlagnahmten die Beamten eine Rechnung. Angeblich wurde damit ein Polizist bezahlt.

Es war schon eine mittlere Sensation, als Polizei und Staatsanwaltschaft letzte Woche zu einer Durchsuchung bei der Berliner Morgenpost einfielen. Der Springer-Verlag sprach von einer grob unverhältnismäßigen und rechtswidrigen Aktion. Auch die Journalistenverbände reagierten empört, sahen Pressefreiheit und Quellenschutz bedroht.

Inzwischen sind weitere Details über die Hintergründe der Razzia bekannt. Im Fokus steht eine Rechnung von 3.000 Euro. Der Springer-Verlag will diese Summe einem Polizisten für dessen Dienste gezahlt haben. Allerdings handele es sich dabei nicht um den Verrat von Polizeiinterna, wie die Staatsanwaltschaft vermutete. Vielmehr habe der Polizist einen Morgenpost-Reporter bei gefährlichen Recherchen als Bodyguard begleitet. In seiner Freizeit, sozusagen als bezahlter Nebenjob.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Reporter wie berichtet wegen Bestechung. Parallel dazu läuft ein Verfahren gegen den Polizisten, der früher im Rocker-Dezernat des Landeskriminalamts (LKA) tätig war. Der Beamte steht im Verdacht, gegen Geld Dienstgeheimnisse über Polizeiaktionen im Rockermilieu ausgeplaudert zu haben.

Eine bei dem Beamten gefundene Rechnung hatte die Staatsanwaltschaft am Mittwoch zu der Durchsuchung bei Springer veranlasst. Ein Richter hatte die Aktion genehmigt. Als die Ermittler im Verlagshaus eintrafen, klingelte beim Chefredakteur der Morgenpost das Telefon. Am Apparat war Justizsenator Thomas Heilmann (CDU). Die Staatsanwaltschaft habe den Justizsenator wegen der Brisanz des Falles gebeten, den Chefredakteur von der geplanten Durchsuchung zu unterrichten, begründete Heilmanns Sprecherin den ungewöhnlichen Anruf später.

In den Medien ist zu lesen, der Reporter und der LKA-Beamte seien enge Freunde. Der Beamte habe den Reporter im Jahr 2010 bei einer gefährlichen Recherche für die Morgenpost im Kinderhändler-Milieu in den Niederlanden als Bodyguard begleitet. Dafür habe der LKA-Beamte eine ordentliche Rechnung an den Verlag gestellt. Später habe der Reporter erneut 100 Euro an den LKA-Mann übergeben. Das sei das Geld für zwei Polizeijacken, die ihm der LKA-Mann besorgt habe.

Der Sprecher der Staatsanwaltschaft begründete die Durchsuchung mit dem Verdacht, dass die Rechnung für den Personenschutz fingiert sei. Bei Springer geht man inzwischen davon aus, dass der Verdacht ausgeräumt ist. Was auch immer am Ende herauskommen wird – ein Geschmäckle bleibt: „Es ist nicht üblich, dass sich Journalisten Leibwächter halten“, sagte Alexander Fritsch vom Deutschen Journalisten-Verband (DJV).

Beamte müssen Nebentätigkeiten genehmigen lassen. Medien zufolge soll der Beamte keinen Antrag gestellt haben. Polizeisprecher Stefan Redlich kommentierte das nicht, erklärte aber: „Mir ist kein Fall bekannt, wo ein Polizist im Nebenjob für Journalisten als Bodyguard arbeitet.“ Dafür gebe es vermutlich auch keine Genehmigung, weil „dienstliche Interessen“ dem entgegenstünden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

4 Kommentare

 / 
  • L
    Lieferwege

    Wo hatte der Beamte eigentlich die beiden Polizeijacken "besorgt"?

  • S
    seltsam

    Wenn die tapferen Morgenpostreporter schon Bodyguards mit Szenekenntnissen brauchen, um tiefer in die Rockerkreise vorzudringen, als jeder andere Journalist vor ihnen - warum kann man dann in der Mogelpost kein Wort lesen, daß nicht auch in den anderen Gazetten steht?

  • AK
    Allet klar, Genossen

    "Vielmehr habe der Polizist einen Morgenpost-Reporter bei gefährlichen Recherchen als Bodyguard begleitet. In seiner Freizeit, sozusagen als bezahlter Nebenjob."

    Hey taz, verarschen kann ich mich auch selbst. Hat der Typ bei Steinbrück gelernt? Klar, da bezahlen Firmen mal einen großen Sack Geld weil ein Lehrer bei ihnen einen Vortrag hält. Alle legal, keine Bestechung, keine gegnleistung ;). So muß es dann gewesen sein. Hahahaha. Für wie blöd haltet ihr eure Leser? Dat wird nüschts mit Kohle haben wollen, Genossen. Früher hatte ich ein ABO. Da weiß man warum man keins mehr hat und auch so nicht zahlt. Veraschung gibts anderswo umsonst.

  • Y
    yberg

    der polizist hat in seiner freizeit gegen einen geringen obulus die pressefreiheit verteidigt.

     

    ich finde zum einen,daß dies keineswegs ehrenrührig ist und eine nebenerwerbserlaubnis beim einsatz für so ein hohes rechtsgut zur nebensache wird

     

    ebenso ist es sehr nobel,daß der springer verlag mutigen verteidigern unserer informellen grundrechte die möglichkeit verschafft,sich für ein kleines zubrot zu engagieren,auch im reich des goudas und der schweinehälften

     

    unserm herr justizsenator heilmann ,der sich dankbarer weise telefonisch rechtzeitig dafür eingesetzt hat ,daß irritationen auf allen seiten erst gar nicht aufkommen,sollte unser aller dank nachschleichen.

     

    der verantwortliche zeitungsfreddy bei springer thomas schmid sollte bittschön bessere märchen servieren.als altgedienter kader der autonom und ehemaliger mitarbeiter dertaz kann er doch nicht jegliche fantasie verloren haben.

     

    der bis jetzt verbreitete irrsinn schunkelt nach brühwurst beißt hund