Raus aus dem Versteck

■ Bremer Musik auf Bremer Vinyl: The Perc Meets The Hidden Gentleman

Ist es altmodisch, einer Frau zu gestehen, daß Mann sie braucht? Tom Redecker alias The Perc glaubt zumindest, daß es in Skandinavien nicht so ist. Was das mit Musik zu tun hat? Viveca auf der neuesten Produktion von The Perc Meets The Hidden Gentleman handelt von nichts anderem.

Altmodisch sind sie, die beiden Mitdreißiger Tom Redecker und Emilio Winschetti. Das wissen beide wohl auch. Doch das hält das Bremen/Berlin-Duo nicht davon ab, dazuzulernen und Einflüsse zu verarbeiten. Keine bestimmten, das würde zu sehr nach Schublade riechen. Aber ein kleiner Bezugspunkt hier und eine entfernte Verwandtschaft dort, dagegen haben die beiden selbsternannten Ex-Hippies nichts einzuwenden.

Wenn der Beliebtheitsgrad von MusikerInnen Aufschluß über die Qualität ihrer künstlerischen Produkte zuließe, müßte die neue LP This Maid of Delphi ein Renner werden. Schon der Vorläufer Two Foozles At The Tea Party, ebenfalls beim Bremer Plattenlabel Strange Ways Records erschienen, fand für eine hiesige Produktion ansprechende Resonanz. Denn auch zu Beginn der neunziger Jahre hat sich die Situation der Musikschaffenden in der Hansestadt kaum verändert. Oder fallen Ihnen auf Anhieb bekannte Bremer Bands ein, die bundesweite Plattenerfolge vorweisen können?

Es gibt sie, und The Perc Meets The Hidden Gentleman ist eine von Ihnen. Mauerblümchen haben entweder die Eigenschaft, im Schatten einzugehen oder aus ihrer Nische herauszuwachsen und ins Licht zu ragen. Tom und Emilio wollen ins Licht, das ist ihrer Platte unschwer anzuhören. Das totale Minimalkonzept ist zumindest zu Beginn zugunsten einer breiteren Instrumentierung gewichen und auch die technische Produktion gibt sich gefällig. Durch das Mitwirken einer Reihe von GastmusikerInnen (Rolf Kirschbaum, Clive Gray, Komo, Ralf Küfner, Theo Thyssen u.a.) ist das Konzept des Ur-Duos vielfältiger geworden.

Natürlich beherrschen Toms Orgel-Töne und Emilios tiefe Singstimme nach wie vor die Songs. Sie haben es allerdings vermocht, ohne große Zugeständnisse an kommerzielle Strömungen ihr individuelles Herangehen an die Kompositionen zu bewahren. Ob gewollt oder durch Zufall: Der Zeitgeist schwingt mit und wird mit Sicherheit zum Erfolg beitragen. Die Herren Redecker und Winschetti sollten allerdings, schon im Hinblick auf internationale Weihen und linguistisches Selbstverständnis, sich dem englischen Idiom und besonders seiner Aussprache gesondert zu nähern. Jürgen Franck

Die Platte wird heute im Lagerhaus Schildstraße live vorgestellt. Beginn 20 Uhr mit Vorprogramm