Rauchverbot: Raucher dürfen hoffen

Bis zum 1. Juli will der Berliner Verfassungsgerichtshof über das Rauchverbot in kleinen Kneipen entscheiden. Manches deutet darauf hin, dass das umstrittene Gesetz gelockert werden muss.

Das Rauchverbot in Berliner Gaststätten wackelt. Nachdem bereits die Landesverfassungsgerichte in Sachsen und Rheinland-Pfalz die dortigen Rauchverbote gelockert hatten, "steht das in Berlin wahrscheinlich auch an", so ein wissenschaftlicher Mitarbeiter des Berliner Verfassungsgerichtshofs zur taz. Bis zum 1. Juli will das Gericht eine erste Entscheidung treffen, sagte er weiter.

In Berlin klagen elf Wirte gegen das vom Abgeordnetenhaus beschlossene Nichtraucherschutzgesetz. Die Wirte fordern, dass sie selbst entscheiden können, ob in ihren Kneipen geraucht werden darf oder nicht. Sie besitzen Gaststätten mit nur einem Raum und können keinen gesonderten Raucherraum einrichten. Die meisten von ihnen haben außerdem kein Personal, sondern stehen selbst hinter der Theke.

Einer der elf Kläger ist Günter Hacker, der mit seiner Frau Andrea "Hackys Pub" in Lichterfelde führt. Das Ehepaar eröffnete die Gaststätte vor 33 Jahren. 90 Prozent ihrer Gäste seien Stammgäste und hauptsächlich Raucher, sagt Andrea Hacker. Der Pub besteht aus einem 45 Quadratmeter kleinen Raum. "Wir haben hier bei uns keine Laufkundschaft wie in Mitte. Wir leben von unseren Stammgästen", so die Wirtin. Wenn die Eheleute künftig in ihrer Kneipe das Rauchen verbieten müssen, werden die Gäste nicht mehr so lange im Pub bleiben, und damit wird sich auch der Umsatz verringern, befürchten sie.

Von 9.579 Gaststätten in Berlin haben mehr als 3.000 nur einen Raum, schätzt Klaus-Dieter Richter vom Landesverband der Gaststättenlobby Dehoga. Sollten die Wirte vor Gericht verlieren, müssen sie ab 1. Juli bei einem Verstoß gegen das Gesetz eine Geldbuße von bis zu 1.000 Euro zahlen, bei rauchenden Gästen werden bis zu 100 Euro fällig.

Parallel dazu läuft auch vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ein Verfahren. Am 11. Juni werden die Verfassungsbeschwerden von zwei Wirten mit kleinen Gaststätten aus Berlin und einer Diskobetreiberin aus Baden-Württemberg verhandelt. Eine Entscheidung wird voraussichtlich im September oder Oktober fallen, so ein Sprecher des Gerichts. Sollte Karlsruhe den Klägern Recht geben, hätte dies bundesweite Bedeutung. Nur wenn die Richter das Verbot nicht bundesweit kippen, käme es noch auf die Entscheidung des Berliner Gerichts an.

Da das Berliner Verfahren lange dauern kann, würde das Gericht zunächst mit einer einstweiligen Anordnung entscheiden, ob das umstrittene Gesetz bis zur endgültigen Entscheidung gelten soll oder nicht. In Sachsen und Rheinland-Pfalz hatten die dortigen Verfassungsgerichte mit solchen einstweiligen Entscheidungen bereits zugunsten der Wirte geurteilt. Die rheinland-pfälzischen Richter hatten angeführt, das Gesetz führe für Wirte von kleinen Gaststätten zu "besonders schweren und praktisch nicht wiedergutzumachenden wirtschaftlichen Nachteilen". Zudem würden Familien mit Kindern "nicht typischerweise zum Gästekreis solcher Ein-Raum-Gaststätten mit erfahrungsgemäß hohem Raucheranteil" gehören.

Auch Andrea Hacker findet, dass sie keinem Nichtraucher schadet: Wenn sie draußen darauf hinweist, dass in ihrem Pub geraucht wird, könne jeder entscheiden, ob er reingeht. "Als Vegetarier muss man doch auch nicht zwangsweise ins Steakhaus gehen", so die 48-Jährige. Gegenüber großen Gaststätten mit mehren Räumen sieht sie sich im Moment benachteiligt. "Das Nichtraucherschutzgesetz verletzt mich in der Freiheit meiner Berufsausübung, da ich einfach weniger Möglichkeiten habe."

Sollte keine der Klagen vor Gericht Erfolg haben, könnte in Berlin außerdem noch die "Initiative für Genuss" am Rauchverbot rütteln. Diese reichte beim Senat mehr als 26.000 Unterschriften für ein Volksbegehren ein. Das ist der erste Schritt auf dem Weg zu einem Volksentscheid - den gäbe es dann im Frühjahr 2009.

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