Rauchverbot in Amsterdam: Aschenbecher als Protest-Symbol
In Amsterdam gilt zwar ein Rauchverbot. Ziviler Ungehorsam wird jedoch nicht unbedingt geahndet. Und an kalten Novembertagen mehrt sich die Zahl der Widerspenstigen.
E in Streifzug durch Amsterdam in diesen Novembertagen erinnert noch vage an den Sommer, weil die Terrassen bevölkert sind. Doch der Gast hat zu kämpfen. Vorm Café Hoppe am Spui beispielsweise kriegt er kalte Füße, während er obenrum durch Heizsonden warm gehalten wird. Nebenan vorm Café de Zwart sitzen die Besucher im Windschatten und trinken Bier. Für die zugigen Sitzensembles vorm Café Luxemburg kann sich angesichts der feuchtkalten Brise an diesem Abend jedoch keiner erwärmen. Diese Raucherecke ist leer.
Die Luft in den Cafés, Restaurants und Kneipen soll auch in den Niederlanden seit dem 1. Juli rein sein. Rauch soll sich im Freien kringeln oder in abgeschlossenen Raucherzimmern.
Nach Inkrafttreten der neuen Ordnung war es wochenlang still an der Raucherfront. Nicht weil die frische Regel alle begeistert hätte, sondern die Autoritäten den zivilen Ungehorsam erst einmal duldeten. Denn die Niederlande sind die Niederlande. Eine Regelverletzung wird nicht unbedingt geahndet. Wirte, die darauf verzichtet hatten, ihre Aschenbecher von Theken und Tischen zu räumen, wurden wiederholt ermahnt. Und schließlich mit einem Bußgeld belegt.
Gut 96 Prozent der niederländischen Gastronomen würden das Rauchverbot respektieren, hieß es Mitte Juli in den Medien, und im Oktober, dass die Umsätze der Cafés im Juli und August um 26 Prozent gesunken seien, die der Diskotheken um 31 Prozent im Vergleich zur selben Periode des Vorjahres. Insbesondere manche der "braunen Cafés", so etwas wie verlängerte Wohnzimmer, würden um ihre Existenz fürchten.
Es rumorte an der Raucherfront. Am 1. Oktober lief die Gewöhnungsphase ab. Ab Klink, CDA, Minister für Volksgesundheit, plädierte für härteres Durchgreifen. Gastwirte hatten sofort eine Geldstrafe am Hals. 300 Euro beim ersten Erwischtwerden, jeweils die doppelte Summe bei jedem weiteren Verstoß. Doch die Widerspenstigen mehren sich. Strafen nehmen sie in Kauf, denn sie wollen ihre langjährigen Kunden behalten.
Vor allem im Süden, in den Städten der Provinz Brabant, klappt es zunehmend schlechter mit dem Nichtraucherschutz. In 's-Hertogenbosch haben die Gastwirte kürzlich beschlossen, das Rauchverbot zu ignorieren. Auch im brabantschen Tilburg und in Breda wabert wieder blauer Dunst durch Kneipen, und auch so mancher Wirt in Groningen, Zwolle, Enschede, Amsterdam hat wieder Aschenbecher auf die Tische gestellt. Etwa 1.400 Betreiber kleiner Cafés aus 32 Städten haben eine Aktionsgruppe gegründet. Sie wollen am 29. November in Den Haag gegen das Rauchverbot demonstrieren.
Der Minister für Volksgesundheit und Justizminister Hirsch Ballin, ebenfalls CDA, sind bei härteren Sanktionen angelangt. Wird das Rauchverbot missachtet, soll künftig ein Richter die Höhe der Geldstrafe festlegen und einen Gastronomiebetrieb auch zeitweise schließen können. Bei der Bemessung der Geldstrafe könne die "Aschenbecherdichte" von Belang sein. Man darf gespannt sein, ob die Wirte angesichts dieser Drohungen klein beigeben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!