: Rau ist unersättlich
■ SPD–Kanzlerkandidat gibt sich kämpferisch / Kohl soll gestürzt werden
„Ich bin wieder da, ich bin hellwach“, verkündete SPD–Kanzlerkandidat Rau gestern mittag den gespannt harrenden Journalisten auf der Bundespressekonferenz. Nicht nur wieder wach, auch hungriger ist der Spitzensozialdemokrat geworden. Zwar sei die Herausforderung nach den Wahlverlusten der SPD in Bayern und Hamburg „noch viel größer geworden“, aber auch sein „Hunger und Durst nach Stimmen“. Und darin, so offenbarte der Kandidat noch rechtzeitig vor Wahlkampfende eine tiefe innere Leidenschaft, „darin bin ich unersättlich“. So kann er sich denn auch mit der zögerlichen Strategie von Parteichef Brandt und SPD–Geschäftsführer Glotz nicht fügen, die nach dem Hamburg–Debakel erklärt hatten, für die Sozialdemokraten gehe es jetzt nur noch darum, die absolute Unionsmehrheit in Bonn zu verhindern. Das reicht Rau nicht, er will alles: „Mein Wahlziel ist ein anderer Bundeskanzler.“ Und er weiß, warum er das sagt: „Wer nicht kämpft, hat schon verloren“, zitierte Rau eine bekannte Wahrheit. Jetzt gilt es, diesen kämpferischen Geist den Herzen der Genossinnen und Genossen näher zu bringen, eine dringende Aufgabe, die Rau auch gleich in Angriff nahm: Niederlagen dürften nicht zur Resignation führen, richtete er ein klares Wort an die Partei. Denn: Es gebe jetzt „eine große Chance für alle Sozialdemokraten, von der Sache zu reden, um die es geht.“ Neue Themen müßten dabei gar nicht erfunden werden, ergänzte Glotz den Kanzlerkandidaten. Auf Glotz, dem nach der Amtsniederlegung seines Stellvertreters Clement nun die zentrale Wahlkampfleitung obliegt, scheint der Funke bereits übergesprungen zu sein. Vor allem „angriffslustiger“ werde sich die SPD fortan verhalten, unterstützte er Raus große Pläne. So dürfen wir gespannt sein, ob Rau das Steuer der Sozialdemokratie zu bewegen vermag. mai Tagesthema Seite 3 Querspalte Seite 4
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