: Ratzinger: Abtreibung ist „undemokratisch“
■ Kardinalsgipfel im Vatikan eröffnet/ „Ungeborenes Leben ist Opfer des Krieges der Mächtigen gegen die Schwachen“
Vatikanstadt (dpa) — Mit einer kompromißlosen Verurteilung der Abtreibung, von Empfängnisverhütung und Euthanasie durch Kurienkardinal Joseph Ratzinger hat am Donnerstag im Vatikan eine außerordentliche Kardinalsversammlung begonnen. Abtreibungen forderten 30 bis 40 Millionen Opfer pro Jahr, sagte Ratzinger vor den 112 Purpurträgern aus aller Welt, die bis zum Sonntag über die Themenkreise „Bedrohung des Lebens“ und die „Herausforderung der Sekten“ sprechen.
Nach einem Grußwort von Papst Johannes Paul II., der den Schutz auch des ungeborenen Lebens als zentrale Aufgabe für „die Zukunft des Menschen und der ganzen Gesellschaft“ bezeichnete, ging Ratzinger mit der Abtreibungspraxis hart ins Gericht. Die Welt sei „Zeuge eines wahren Krieges der Mächtigen gegen die Schwachen“, sagte der Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation in seinem Grundsatzreferat. Das ungeborene Leben, aber auch Arme, Kranke und Behinderte seien Opfer dieses Krieges.
Staaten, die das Recht auf Leben verletzten, „widersprechen dem Ideal der Demokratie“, sagte Ratzinger weiter. Sie definierten vorab, welchen Lebewesen die Menschenrechte zugestanden würden und welchen nicht.
Ratzinger verurteilte auch routinemäßige Untersuchungen in der Schwangerschaft, um „systematisch alle Föten zu eliminieren, die mehr oder weniger mißgebildet oder krank sein könnten“. Hilfe zum Freitod lehnte er auch bei Patienten ab, die im Koma liegen. Damit würde die Nachfrage der Transplantationsmedizin befriedigt. Als Ursachen dieser Entwicklung nannte der Kardinal eine „individualistische Anthropologie“ und den Freiheitsbegriff der Aufklärung.
Nach dem Grundsatzreferat Ratzingers stellte der Kardinal von New York, John Joseph O'Connor, einen Zusammenhang zwischen der Abtreibung und dem Völkermord an Juden sowie an Kambodschanern unter Pol Pot her. Zum ersten Mal in der Geschichte würden Menschen jedoch „nur deshalb bedroht, weil sie lebendig sind“.
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