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■ RathausgästeFernsehen für die Stabilität

Reden und Verstehen als Grundlage für ein friedliches Miteinander. Das leuchtet ein. Daher wurden zehn angehende Journalisten aus Rumänien, Serbien und Bulgarien in einer Zusammenarbeit des Auswärtigen Amtes mit der Süd-Ost Medien Agentur ausgewählt, um praktische Völkerverständigung zu erfahren, finanziert durch Mittel aus dem Balkan-Stabilitätspakt. Die acht jungen Frauen und zwei Männer befinden sich nun seit dem 1. Mai auf einer freiwilligen Odyssee, bei der sie zuerst in den offenen Armen der Bulgaren strandeten, um in Sofia ein dreimonatiges Praktikum zu absolvieren. Danach ging es stracks zurück in Richtung Heimat. Dort machten sie ein einmonatiges Praktikum im Fernsehbereich. In dessen Verlauf konnten sie bereits Filme drehen, die ihnen gut gefielen. Und nun sind sie in Bremen angekommen, um für einen Monat an der Hochschule in Bremen auch eine theoretische Ausbildung zu bekommen.

Obwohl ihrer beinahe 7 Monate dauernden Ausbildung die Grundidee vorausgeht, Völker einander näherzubringen und Verständigung zu schaffen, sehen es die Journalisten auch praktisch-kapitalistisch: „Wir glauben, durch diese Aktion eine große Chance auf einen guten Job zu haben und Karriere zu machen“, sagt Kristina Molnar, eine der Journalistinnen. Interessiert hören sie dem Bürgermeister zu, der ihnen zur Begrüßung freundlich die Hände schüttelt. Er findet verständnissvolle Worte für die Situation im ehemaligen Jugoslawien. Eine Journalistin meint in perfektem Deutsch, es gebe zu wenig Verständigung zwischen den zer-splitterten Regionen, es werde zu viel regionale Politik betrieben. Mittlerweile sitzen alle an einem großen Tisch, und der Bürgermeister plaudert aus dem Nähkästchen. Offensichtlich angenehm berührt, einen Politiker so menschlich zu erfahren, scheinen die Gäste gerne zuzuhören. Ist es eine mittelschwere Gehirnwäsche für die Gäste, in denen ihnen erzählt wird, wie friedlich Bremen schon immer seit zu seiner Gründung gewesen sein soll ? Oder wirklich ernstes Interresse und heitere, unbeabsichtige Reden? Vielleicht beides. So fragt die Journalistin Iskra Velitchikar, wie Bremen sich vor möglichen Terroranschlägen fundamentalistischer Moslems schützt. Henning Scherf erklärt, daß er neben personellem Schutz von zum Beispiel jüdischen Einrichtungen vor allem auch auf Verständigung setzt. „Gleich im Anschluss empfange ich Muslime hier im Rathaus, um mit ihnen zu reden und Konflikten entgegenzuwirken“, so Scherf.

Nachdem sich der Bürgermeister verabschiedet hat, gucken sich die Gäste das Rathaus an. In einem Monat werden sie noch ein weiteres Praktikum absolvieren, unter anderem beim ZDF, um dann noch einen Film zu drehen. Der beste Film wird von einer Internationalen Jury ausgezeichnet. sod

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