Ratgeber übers Plagiieren: "Ein Doktor ist schick"
Wie bitte? Roland Schimmel hat das Buch "Von der hohen Kunst, ein Plagiat zu fertigen" geschrieben. Das Vorwort stammt angeblich von Karl-Theodor zu Guttenberg.
taz: Herr Schimmel, das mit dem Vorwort ist doch ein Scherz?
Roland Schimmel: Das Buch nicht, das Vorwort schon. Na ja, das Buch irgendwie auch. Es ist geschrieben in der Form einer Anleitung, wie man seinen Prüfer hintergeht. In der Sache ist es allerdings ein sachte ironischer Appell für anständiges wissenschaftliches Arbeiten. Ausschlaggebend für das Buch waren Fälle aus der Prüfungspraxis mit meinen Studenten. Erst im Zusammenhang mit dem Fall zu Guttenberg kam jetzt ein Verleger auf mich zu. Der würde übrigens mit einem Zwinkern auf das Datum, den 01. April 2011, unter dem Vorwort verweisen.
Was ist Ihre Botschaft?
Wer einen schicken Doktortitel haben möchte, der sollte auch nach den Regeln des Wissenschaftsbetriebs arbeiten. Abschreiben lohnt sich einfach nicht. Du musst so viel Arbeit in ein bombensicheres Plagiat investieren, dass du in der Zeit eigentlich auch eine anständige wissenschaftliche Abschlussarbeit schreiben kannst. Ich denke, diese Botschaft wird beim Lesen auch deutlich. Deshalb kann ich mir nicht vorstellen, dass sich wirklich jemand in Versuchung geführt sieht. Natürlich weiß man nie, ob es nicht auch ironieresistente Menschen gibt.
Roland Schimmel (44) ist Rechtsanwalt und Professor für Wirtschaftsprivatrecht an der Fachhochschule Frankfurt am Main.
Das Buch "Von der hohen Kunst, ein Plagiat zu fertigen" erscheint im LIT Verlag und kostet 8,90 Euro.
Sehr viele Leute haben sich die Mühe gemacht, die plagiierten Passagen bei zu Guttenberg aufzudecken. Verschaukeln Sie die jetzt nicht, indem Sie das zur Kunst erheben?
Nein, überhaupt nicht. Ich finde es absolut richtig, was GuttenPlag und Co. gemacht haben. Dadurch, dass im Moment verschärft über das Thema gesprochen wird, festigen sich vielleicht die Standards des wissenschaftlichen Arbeitens mal wieder ein wenig in den Köpfen und Herzen der Leute, die es angeht. Vor allem auch, weil ich befürchte, dass die Dunkelziffer bei den Politikern höher liegt. Sie brauchen den Doktortitel nicht, aber sie wollen ihn fürs Renommee. Er ist schick und verkauft sich gut auf Wahlplakaten. Da denken sich vielleicht manche: Ach, komm, das nehme ich noch mit. Ich schreibe die Gliederung und mein Referent macht den Rest.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Bundestagswahlkampf der Berliner Grünen
Vorwürfe gegen Parlamentarier