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Rassistische Vorfälle in ItalienTodesdrohungen gegen Ministerin

Die italienische Integrationsministerin Cécile Kyenge wird im Internet mit dem Tode bedroht. Zudem rief eine Politikerin dazu auf, jemand solle sie vergewaltigen.

Italiens Integrationsministerin Cécile Kyenge Bild: ap

ROM ap | Italiens erste dunkelhäutige Ministerin Cécile Kyenge hat Todesdrohungen im Internet erhalten. „Tötet sie“, lautete nach einem Bericht der Zeitung Il Gazzettino eine der Drohungen gegen die Integrationsministerin. Kyenge bestätigte am Mittwoch, dass es gegen sie gerichtete „rassistische Vorfälle“ gegeben habe.

Unter anderem hatte in der vergangenen Woche eine Kommunalpolitikerin der ausländerfeindlich eingestellten Partei Lega Nord über das soziale Netzwerk Facebook vorgeschlagen, jemand möge Kyenge vergewaltigen, damit sie verstehe, was die Opfer von schwerer Gewalt fühlten. Die Politikerin, Dolores Valandro, musste daraufhin ihr Parteibuch abgeben.

Kyenge sagte zu den Drohungen am Mittwoch, diese Vorfälle seien nicht nur gegen sie persönlich gerichtet, sondern gegen alle Menschen in Italien. Es sei wichtig, dass Italien geschlossen eine Antwort auf Rassismus gebe. Kürzlich hatte die Integrationsministerin eine Reform der italienischen Staatsbürgerschaft vorgeschlagen, war aber unter anderem bei der Lega Nord auf starken Widerstand gestoßen.

Italien sieht sich erst seit relativ kurzer Zeit mit dem Thema Einwanderung und Integration konfrontiert. Derzeit sind etwa 7,5 Prozent der Menschen in Italien Ausländer; 1990 waren es noch zwei Prozent.

Die 48-jährige Kyenge stammt aus der Demokratischen Republik Kongo und kam vor drei Jahrzehnten für ein Medizinstudium nach Italien. Inzwischen lebt die Augenchirurgin mit ihrem italienischen Ehemann und zwei Kindern in Modena.

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9 Kommentare

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  • A
    aujau

    Oh doch, Ironie hilft, dankbar fuer Desillousionierung sein zu koennen.

  • D
    D.J. (2)

    4. Ob Italien oder Deutschland eine "Mischlingsgesellschaft" ist - oder eher irgendwann wird -, ist mir völlig wurscht. Nicht wurscht ist mir das Bekenntnis zu den liberalen Werten unserer Gesellschaften. Wer das an der Hautfarbe festmacht, ist Rassist. Wer eventuelle Probleme in dieser Hinsicht nur aufgrund zufälliger persönlicher Hautfarben oder Herkünfte negiert, ist ebenso ein (pseudolinker) Rassist.

  • D
    D.J.

    1. Der ehem. Lega-Typ gehört in den Knast wegen Aufruf zu einer Straftat.

    2. Die Aussage, man sei stolz, schwarz zu sein, ist in ihrem Falle nur albern und würde im Falle eines/r Weisen zu Recht als Rassimus gewertet werden.

    3. Das Ius soli ist prinzipiell wünschenswert und einer liberalen Gesellschaft angemessen; wenn ich es aber recht verstehe, bezieht sie es auch auf Personen ohne Aufenthaltserlaubnis. Dies ist aufgrund der Missbrauchsmöglichkeiten aber sehr problematisch (da dies in Europa als Aufenthaltsrecht auch der Eltern interpretiert wird - m.W. anders als etwa in den USA, Canada und Australien).

  • FK
    Frau Kirschgrün

    Da der Kommentar heute mittag nicht aufgetaucht ist, hier noch einmal . . .

     

    Mein Dank gilt der italienischen Integrationsministerin Cécile Kyenge.

    Danke, dass Sie sich politisch engagieren, sich einem solchen Mop (eine Politikerin!, aber eben leider nicht nur Politiker) aussetzen (müssen) und das aushalten. Ich hoffe sehr, dass Sie geschützt werden.

    Danke, dass Sie sich dadurch für uns alle einsetzen.

     

    Wir alle müssen aus dieser Argumentation-Spirale über Frauenhass, Diskriminierung und Rassismus wenigstens so weit heraustreten, dass wir uns bewusst werden, dass die Politik und die meisten Medien das genau so wollen und genauso steuern, damit wir uns gegenseitig angehen, und die Damen und Herren "da oben" ungestört ihre Überwachungs- und Gewinnmaximierungs-Spielchen durchziehen können. Das nenne ich "Arbeiten mit niederen Instinkten". Sie zerstören das, was hier mal Demokratie geheissen hat.

     

    Ich möchte bitte richtig verstanden werden, Rassismus, Diskriminierung, Frauenhass, alles absolut zu verurteilen, Frauen sind auch, und gerade in Deutschland immer noch diskriminiert, und vor allem: je mehr wir davon zulassen und dazu schweigen, um so mehr wird es jeden Einzelnen von uns (be)treffen, weil dann dem Rassismus, der Diskriminierung, dem Frauenhass Tür und Tor geöffnet werden, und davor kann sich dann niemand mehr schützen (hatten wir das nicht alles schon mal?!).

     

    Wir müssen aufwachen und bewusste, gerechte und gemeinwohl-orientierte Menschen wählen, und nicht immer wie der Pawlow'sche Hund nach den angstschürenden und das Denken vernebelnden Desinformationen schnappen, die man uns hinhält.

     

    Jeder Einzelne trägt die Verantwortung dafür, ob er selbst denkt und verantwortungsbewusst handelt und wählt, oder einfach nur nachplappert, was "von oben" vorgesetzt wird.

     

    Aber:

     

    Nichts auf der Welt ist so gerecht verteilt wie der Verstand.

    Denn jedermann ist überzeugt, das er genug davon habe.

    (Rene Descartes, fr. Mathematiker u. Philosoph, 1596 - 1650)

     

    Jeder kann sich engagieren und einfach mal den Mund aufmachen, und bedrängten, diskriminierten Menschen (Frauen) unterstützend zur Seite stehen (Und Mädelzs: vielleicht ja auch mal ohne "Stutenbissigkeit" eine engagierte Frau unterstützen).

     

    Oder haben wir schon wieder eine Vorstufe eines totalitären Systems erreicht, in dem in vorauseilendem Gehorsam gekuscht, geduckt und angeschwärzt wird? Das Arbeitsplatzargument (Angst vor Arbeitsplatzverlust) ist genau die Daumenschraube, die nicht als solche erkannt wird: Wir sind leider totalitär, komplett überwacht und feige, aber dafür habe ich Arbeit?!

     

    Die politische Klasse lässt es zu und will es offenbar auch so, dass wir den Wirtschaftsinteressen geopfert und zum zahlenden, total überwachten Idioten (um nicht zu sagen Sklaven) gemacht werden.

     

    Wir sind es, die die richtigen Menschen wählen müssen, wir müssen uns für mehr Bürgerbeteiligung einsetzen (z. B. bundesweite Volksbegehren), wir müssen den Hintern hoch kriegen - und wenigstens zur Wahl gehen, wenn uns sonst schon alles andere zu viel ist. Der Deutsche als der ewige Untertan? Armselig.

     

    Und Geld ist da, und zwar reichlich. Es "gehört" nur den falschen Leuten - eigentlich ist es ja · UNSER · Geld.

     

    Viel Kraft für Erkenntnis wünscht uns allen Frau Kirschgrün.

     

    - * - * - * - *

    @aujau: etwas verunglückt, oder?! An so jemanden richte ich nicht einmal ironischerweise einen "Dank" . . .

  • I
    Irmi

    Wenn eine weiß was Vergewaltigung ist, dann die Politikerin Cecile Kyenge die aus dem Kongo stammt, wo hunderttausende Frauen in den letzten Kriegsjahren dort vergewaltigt wurden, der Krieg immer noch nicht zu Ende ist.

     

    Kongo ist das Land, wo ich mir die Finger wund schreibe um über die Zustände im Kongo aufmerksam zu machen. Leider ist das Echo sehr unterschiedlich, teilweise anteil nehmend, doch auch wieder beleidigend, noch schlimmer ist die allg. Interesselosigkeit wenn es um Afrika oder spez. um Kongo geht.

     

    Die Ministerin hatte Glück, das sie keine Asylsuchende war als sie nach Italien kam. Positiv ist, das sie eine wunderbare Kariere gemacht hat.

     

    Viel Glück und Kraft weiterhin

  • F
    FaktenStattFiktion

    Was das jetzt ein Fall von einfachem oder gar doppeltem Rassismus?

    Wurde die Ministerin also beleidigt, weil diese eine andere Hautfarbe hat oder lag es an deren Kompetenz?

     

    Wurde die Ministerin nur eingestellt, weil diese die richtige Hautfarbe hat und deshalb rassistisch behandelt?

     

    Zur Kompetenz schreibt die taz leider wenig. Die nächste Frage wäre, warum die Lega nun ausländerfeindlich sein soll, obwohl Frau Valandro azs der Partei geworfen wurde. Ausländerfeindlich wäre es gewesen, Frau Valandro in der partei zu belassen, falls sich deren Äußerungen auf die Hautfarbe der Ministerin bezogen. Absolut geschmacklos war es in jedme Fall.

     

    Also, liebe taz. Einfacher oder doppelter Rassismus?

  • M
    mts

    "Die Politikerin, Dolores Valandro, musste daraufhin ihr Parteibuch abgeben."

    Unglaublich ... da macht jemand einen Aufruf zu einer furchtbaren Straftat und muss nur das Parteibuch abgeben? Die gehört vor Gericht und anschließend weggesperrt!

  • G
    Georg

    Weinerliche Story, halbe Wahrheit.

     

    Die Ideen dieser Frau würden zum Untergang Italiens führen. Dagegen regt sich Widerstand.

  • A
    aujau

    Dank an Frau Valandro für die Erinnerung daran, dass es auch sehr dumme Frauen gibt.