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Rassistische Polizeigewalt„Hauptsache bei der taz heulen, wie schlimm das alles war“

Der Prozess von Zefanias M. gegen das Land Berlin zieht sich. Er verklagt Berlin, weil ein Polizist neun Minuten auf seinem Nacken kniete.

Ein- und Ausgang des Landgerichts am Tegeler Weg Foto: IMAGO/Schöning

Berlin taz | Am 4. November 2019 steigt Zefanias M. aus der U-Bahn im Bahnhof Hermannstraße aus. Nach eigenen Aussagen beobachtet er, wie Securitymitarbeiter der BVG einen obdachlosen Menschen beleidigen. Sie seien ihm gegenüber gewalttätig geworden. Er sei eingeschritten, habe die Polizei gerufen.

Doch als die Po­li­zis­t:in­nen anrücken, führen sie etwas durch, was im Beamtenjargon „Kniefixierung“ heißt. Im Fall Zefanias M. bedeutete das, dass ein Polizeibeamter mit seinem gesamten Körpergewicht auf dessen Nacken kniete – neun Minuten lang. M. wurde ohnmächtig und musste sich übergeben.

Am Donnerstag fand der zweite Prozesstag zur Klage von Zefanias M. statt, in der dieser dem Land Berlin Fehlverhalten in Form seiner Be­am­t:in­nen vorwirft – und 10.000 Euro Schmerzensgeld fordert. Der Prozess wird seit Beginn von Ak­ti­vis­t:in­nen der Kampagne „Polizei im Nacken“ begleitet, die sich dafür einsetzt, dass die Praxis der Kniefixierung verboten wird.

Po­li­zis­t:in­nen mit Erinnerungslücken

Ursprünglich sollten vier Zeu­g:in­nen aussagen, alle Polizist:innen. Doch für zwei von ihnen läge keine Aussagegenehmigung vor, hieß es vom Gericht. Be­am­t:in­nen brauchen in der Regel eine Genehmigung, wenn sie vor Gericht zu Dingen aussagen wollen, die der sogenannten Amtsverschwiegenheit unterliegen. Die beiden Zeug:innen, die doch befragt wurden, wiesen Gedächtnislücken auf. Einer erinnerte sich allerdings daran, dass sich Zefanias M. zweimal übergeben musste und er fixiert wurde.

Als Videoaufnahmen der Situation gesichtet werden sollen, beschwert sich der Staatsanwalt, Zefanias M. wolle doch nur einen „Schauprozess“ für die Presse abhalten. Doch die Richterin hält dagegen. Was auf den Aufnahmen dann zu sehen ist, legt nahe, dass die Aussagen der befragten Po­li­zis­t:in­nen zumindest teilweise nicht stimmen können. Mehrere Schläge, Tritte und Gesten, die Zefanias M. den Po­li­zis­t:in­nen zufolge getätigt haben soll, sind dort nicht zu erkennen.

Die Aufnahmen sind ohne Ton. Der Staatsanwalt meint dennoch zu wissen, dass Zefanias M. die Po­li­zis­t:in­nen massiv beleidigt habe. Zefanias M. widerspricht. Doch selbst wenn dem so gewesen wäre, sei das Vorgehen der Polizei doch nicht gerechtfertigt gewesen, sagt er.

Parallelen zum Fall George Floyd

Zu einem Urteil kommt es am Donnerstag nicht. Der Prozess wird vertagt und am 27. März fortgesetzt. Bereits am ersten Prozesstag am 5. Dezember hatten sich zwei befragte Po­li­zis­t:in­nen überwiegend im rauen Ton und herablassend geäußert. Als Zefanias M. den Polizisten, der auf ihm kniete, fragte, ob er sein eigenes Verhalten für angemessen halte, hatte dieser etwa mit einem mürrischen „Ja“ geantwortet – und gemeckert: „Hauptsache bei der taz heulen, wie schlimm das alles war!“.

Der Fall Zefanias M. weist Parallelen zu der Ermordung George Floyds im Mai 2020 in den USA auf. Auf George Floyd kniete die Polizei nur 15 Sekunden länger als auf Zefanias M. Während der Fall George Floyds aber international Aufmerksamkeit erregte, erzeugte die Behandlung von M. in Deutschland nur wenig Aufregung.

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