Rassismus beim Bundesamt für Migration: Entlassung wegen Facebook-Post
Auf Facebook schrieb ein Mitarbeiter des Bundesamtes für Migration, dass „Afrostämmige“ unordentlich sind. Er wurde entlassen, bleibt aber uneinsichtig.
BERLIN taz | Auf einen Fall von Alltagsrassismus wollte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) auf ihrer Facebookseite aufmerksam machen. Dann wurde es unverhofft mit Rassismus in den eigenen Reihen konfrontiert – und reagierte schnell.
Am vergangenen Freitag postete das BAMF auf seiner Facebookseite einen Artikel aus den Nürnberger Nachrichten über eine deutsche Familie, die aufgrund ihrer Hautfarbe keine Mietwohnung fand. „Die Hautfarbe als Makel: Eine Familie ohne Bleibe“ lautete die Überschrift.
Ein Mitarbeiter des BAMF aber hatte wenig Mitleid. Vielmehr bekundete er offen Verständnis für das diskriminierende Verhalten der Vermieter. Bei „Afrostämmigen“ sei „der Ordnungssinn“ doch „nur bruchstückhaft“ schrieb Joachim L. in einem Onlinekommentar. Er selbst würde als Vermieter „eine Kultur präferieren, die den kulturellen Gegebenheiten adaptiert ist und weiß, wie man die Wohnung in einem moderaten Zustand hält“. Er schlug deshalb vor, „Afrostämmige“ vielleicht in einem „Kultivierungsseminar zu 'europäisieren'“.
Seine Beiträge lösten im Netz rasch eine Welle der Empörung aus – und kosteten ihn nun den Job. Noch am Freitag distanzierte sich das BAMF „aufs Schärfste von den Äußerungen“ des Mitarbeiters. „Der Betreffende ist ab morgen nicht mehr für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge tätig“, erklärte das Amt dann am Montag. „Seine Äußerungen waren für uns in keiner Weise tragbar und Konsequenzen dieser Art waren daher unumgänglich.“ Joachim L. sei „von einer anderen Behörde vorübergehend als Aushilfskraft zur Verfügung gestellt“ worden, dorthin werde er nun zurückgeschickt.
Der Mann reagierte noch am Montag auf Facebook mit Unverständnis. Schon in seinen ersten Postings hatte er geschrieben: „Meinungen konstruktiv zu debattieren ist hier anscheinend nicht gewünscht. Bilanz: ernüchternd und traurig“. Die Rassismus-Vorwürfe gegen ihn sah er als „üble Nachrede“ an. Seine Ausgangskommentare stehen mittlerweile nicht mehr auf der Facebook-Seite des BAMF zu finden.
„Rassismus nicht tragbar“
Sie seien aber nicht vom Bundesamt gelöscht worden, teilte die Behörde mit. Man habe aber sehr wohl in den Verlauf der Diskussion eingegriffen. Denn „beleidigende oder rassistische Äußerungen sind für uns als Bundesbehörde in keinster Weise tragbar, auch dann nicht, wenn sich diese Äußerungen hinter einer vermeintlichen Meinungsfreiheit verbergen und Kritik an Äußerungen als Redeverbot oder Zensur betitelt wird“.
Ironie am Rande: Vor rund einem Jahr hat das BAMF eine Initiative zum Thema „Willkommenskultur“ gestartet, um das Klima in den Ausländerbehörden zu verbessern, die für viele Einwanderer der erste Kontakt zu Deutschen sind. Nun stellt sich heraus, das es selbst so ein Sensibilisierungsprogramme nötig hat.
Die Ankündigung des Amts, den Mitarbeiter nicht weiter zu beschäftigten, brachte dem BAMF auf Facebook jedoch spontanes Lob ein. Nun will die Behörde intern über das weitere Vorgehen beraten. Und sie verspricht, das Thema Alltagsrassismus nicht aus den Augen zu lassen. Über die weitere Entwicklung will es auch über Facebook informieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Deutungskampf nach Magdeburg
„Es wird versucht, das komplett zu leugnen“
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Aktionismus nach Magdeburg-Terror
Besser erst mal nachdenken
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Mindestlohn feiert 10-jähriges Jubiläum
Deutschland doch nicht untergegangen