Durchs Dröhnland
: Rappen mit Karl May

■ Die besten und schlechtesten Konzerte der kommenden Woche

Die Mighty Mighty Bosstones haben als wichtigste Einflüsse immer die Specials und Clash vermeldet. Zuletzt neigt sich die Waage zwar mehr dem Punkrock zu, doch noch finden konservative Filzhütchen zackige Ska-Rhythmen und saftige Bläser. Gegründet in Boston und hervorgegangen aus Sixties- (Cheapskates) und Hardcore- Bands (Gang Green) spielten sich die Bosstones, wie es sich für ein zünftige Ska-Kapelle gehört, quer durch die Clubs, während ihre Platten im Vergleich zu den Live-Shows fast blutleer wirkten. Das hat sich inzwischen geändert und die Bosstones als ersten Ska- Act seit den Two-Tone-Zeiten in die Charts katapultiert.

14.11., 21 Uhr, Trash, Oranienstraße 40/41, Kreuzberg

Elektroblitz Mitte wurde an dieser Stelle bereits einmal über den grünen Klee gelobt. Das in Berlin heimische Quartett vereinigt nicht nur personell erfolgreich Ost-West-Gegensätze, sondern fusioniert auch Schlager und Zynismus, Fröhlichkeit und Depression. „Ich reiß dir die Gedärme raus, ich mach's uns richtig schön“, wird da gelangweilt genölt, während die Gitarren so tun, als sei New Wave gerade gestern erfunden worden. Immer noch legendär auch ihre böse Version von „Am Tag als Conny Kramer starb“. Nicht ganz so verwegen sind Headful Of Bourbon, deren Verbundenheit zu den Beasts of Bourbon schon im Namen begraben liegt.

15.11., 21.30, Schoko-Laden Mitte, Ackerstraße 169/170

Alles begann in der Heimatstadt von Karl May. In Radebeul bei Dresden taten sich noch vor der Wende einige Jungs zum Sprechgesang als PDM-Teenie- Rapper zusammen, adaptierten – ganz im Sinne des großen Sohnes der Stadt – die fremde Tradition als die eigene und rappten fortan auf englisch. Dann ließ sie einer sitzen, um als Bürger Lars Dietrich mit Klamauk auch die westliche Welt zu erobern. Im Sächsischen machte man weiter mit schweren Beats als PDM Posse und tat nun endgültig so, als ginge es da unten zu wie in New York City – ist ja schließlich auch East (nur ohne Coast). Und angeben kann man hier schon lange. Perfektere Kopien der Gangsta-Vorbilder aus Übersee dürften auf dem deutschen Markt momentan nicht im Angebot sein.

15.11., 22 Uhr, Knaack, Greifswalder Straße 224, Prenzlauer Berg

Adrian Sieber begann seine musikalische Entwicklung in einer Beatles-Coverband. Das hört man den Lovebugs überdeutlich an. Das Schweizer Trio ging den geraden Weg vom Nachwuchswettbewerb zum Major-Vertrag und wird demnächst, wenn die Karriereplanung hinhaut, in den Charts auftauchen. Dort befinden sich bereits seit längerem Ocean Colour Scene, bei denen es zwar nie zum Britpop-Aushängeschild reichte, die aber dank regelmäßiger Top- ten-Plazierungen in der englischen Heimat ihre Schäfchen lange schon im trockenen haben. Auch hier dienen die Beatles – Überraschung, Überraschung! – als Überväter.

16.11., 20.30 Uhr, Loft, Nollendorfplatz, Schöneberg

„Is it any wonder that to me love has no meaning?“ fragt Robin Proper-Sheppard mit ersterbender Stimme, und wenn man ihn so hört, glaubt man das aufs Wort. Drei Jahre hat er gebraucht, um den Tod von Jimmy Fernandez zu verarbeiten, der an einem Gehirntumor starb. Die beiden bildeten mit Ron Austin das Trio God Machine, zogen 1990 gemeinsam aus San Diego nach London um und standen mit ihrer Variante von Grunge kurz vor dem finanziellen Durchbruch. Drei Jahre nach dem Tod des besten Freundes hat Proper- Sheppard unter dem Namen Sophia das Album „Fixed Water“ aufgenommen: acht Songs, die sich explizit um Fernandez und um die Themen Freundschaft und Tod drehen. Dabei schrammt die Instrumentation mit akustischen Gitarren, Klavier, Trompete und Vibraphon allerdings nur knapp am Kitsch vorbei.

16.11., 21 Uhr, Knaack

Keiner weiß, woher der irrsinnige Erfolg der Foo Fighters rührt. Wenn man sie so hört, sind sie kaum mehr als noch eine weitere, leicht überdurchschnittliche Rockband. Andererseits kann man sich schwer vorstellen, daß haufenweise Nirvana-Fans scharf drauf sind, nun endlich den Schlagzeuger singen zu hören. Irgendwo dazwischen liegt wohl die Wahrheit, und schließlich kann man gerne zugeben, daß Dave Grohls Mannen durchaus in der Lage sind, das alte Laut-leise-Spiel mit viel Wumm zu spielen und mit hübschen Bubble-gum-Melodien in Verbindung zu bringen. Nicht gerade die Rettung des Abendlandes, aber ein hübscher Versuch.

17.11., 21 Uhr, Huxleys, Hasenheide 108–114, Neukölln

Bei No Fun At All gibt es niemals Probleme mit der Richtung: Es geht immer geradeaus mit einer Geschwindigkeit, die zu erreichen auch Bad Religion Schwierigkeiten gehabt hätten, als sie noch keine Punkrock- Rentner waren. Im Gegensatz zu ihrem Namen ist der Punkrock der vier Schweden aber eher fröhlicher Natur, jedenfalls solange die Melodien dem hysterischen Geklopfe des Schlagzeugs hinterherkommen. So oder so ist ein zünftiger Pogo garantiert.

Mit Puffball, 19.11., 19 Uhr, SO36, Oranienstraße 190

Schwer und bedrohlich walzen Blackmail daher, mit Gitarren, so breit wie eine Horde Deadheads nach der Rauschgiftzuteilung, und einem Gesang in bedröhnten Höhen, in denen Leary längst als Gott verehrt wird. Das Quartett aus den Käffern um Koblenz hat sich teilweise einen Namen als Studiomusikanten gemacht und pflegt ein Faible für Kyuss. Und weil wir vorhin schon mal bei den Beatles waren: Die hier machen aus „Tomorrow Never Knows“ was wirklich Gemeines – nicht gerade im Sinne des Originals. Junge Menschen aus der Provinz entdecken die Vergangenheit, aber gewaltig.

20.11., 22 Uhr, Duncker, Dunckerstraße 64, Prenzlauer Berg, Eintritt frei Thomas Winkler