■ Gastkommentar: Ran an die Futtertröge
Der Senat meldet die Gründung einer Korruptions-AG, mit der „die Korruption auf allen Gebieten wirksam bekämpft werden soll“. Damit sei die Hauptstadt „beispielhaft“. Angesichts der Wahl eine verständliche Formulierung, aber: Die Bundesratsinitiative zur Erweiterung der Bestechungs-Tatbestände und auch diese AG stellen nur kleine erste Schritte dar. Beispielhaft ist daran gar nichts, denn Hessen praktiziert dies schon seit Jahren. Entlarvend ist vielmehr, daß die Koalition noch im Juni entsprechende grüne Anträge mit noch weitergehenden Forderungen ablehnte.
Die Initiativen sind unzureichend! Wer Korruption bekämpfen will, darf nicht allein auf das Strafrecht setzen. Denn das Strafrecht ersetzt nicht das fehlende Bewußtsein. Es ist richtig, mit Hilfe einer AG den verschiedenen Behörden die Möglichkeit zu geben, ihr Wissen über die in Rechnungen und Bilanzen enthaltenen Tricks auszutauschen. Den Sumpf austrocknen kann aber nur eine Veränderung der finanziell lukrativen Strukturen.
Berlin braucht deshalb: neue Vergaberichtlinien insbesondere für den Baubereich, damit alle Aufträge generell öffentlich ausgeschrieben werden müssen; langfristige Sperren für Firmen nach Bestechungsversuchen, Kontrollrechte des Parlamentes gegenüber allen Privaten, die öffentliche Aufgaben erledigen; kein Senatsmitglied mit Fach- und Rechtsaufsicht darf im Aufsichtsrat eines Unternehmens sitzen. Und das Lukrativste hat die Koalition im Juni noch abgelehnt: Schmiergelder dürfen nicht mehr steuerlich absetzbar sein; die Abgabenordnung ist so zu ändern, daß hier das Steuergeheimnis zurücktritt. Also: Ran an die Futtertröge und nicht nur mit dem Gesetzbuch winken. Renate Künast
rechtspolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
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