Rainer Schäfer Radikale Weine: Schmeckt nach nassem Stein
Für beinahe sechzig Weingüter auf mehreren Kontinenten hat Stefan Dorst schon gearbeitet. Der Pfälzer war in den 1990er Jahren als einer der ersten flying winemakers in der ganzen Welt unterwegs. Vor einigen Jahren kehrte Dorst nach Landau in die Pfalz zurück und ist heute einer der experimentierfreudigsten Winzer Deutschlands.
Die ungebundenen Jahre in der Ferne haben ihn geprägt, Stefan Dorst meidet Strukturen, die ihn zu sehr einengen könnten. Der 51-Jährige besitzt weder Weingut noch Weinberge, ist aber immer interessiert an neuen Geschmackserfahrungen. „Grundbesitz würde meiner Kreativität schaden“, sagt er. Unter dem Label „Dorst und Consorten“ erzeugt er Weine für „fortgeschrittene Genießer“.
Die Consorten sind wechselnde Winzer, mit denen Dorst mitunter nur kurz zusammenarbeitet, meist sind sie noch jung. Er wolle sein Wissen und seine Erfahrungen weitergeben, sagt Dorst, sich aber auch Anregungen holen.
Aktuell arbeitet er mit Georg Meier zusammen. Meier, Jahrgang 1984, ist detailverliebt, im Weinberg und Keller arbeitet er sehr penibel, um den Ausdruck seiner Böden herauszuarbeiten. Im pfälzischen Weyher verfügt er über ein spannendes Portfolio an Lagen, bewirtschaftet Weinberge mit Schiefer, Rotliegendem, Buntsandstein und Granit.
Darunter ist auch Weyherer Michelsberg, ein massiver Granithügel. Von zwei Steinmetzen ließen sich Dorst & Meier ein Granitfass liefern, das 1.100 Liter fasst und 1.570 Kilo wiegt. Um den Deckel mit 214 Kilo anzuheben, braucht es einen Gabelstapler. „Unser Ziel war es, das Granit zu potenzieren“, sagt Dorst. „Dabei wollten wir möglichst puristisch arbeiten.“
Riesling 2G Doppelgranit 2017, 18,90 Euro, Bezug über www.dorstundconsorten.de
Die goldgelben Riesling-Trauben wurden im Granit spontan vergoren und sechs Monate darin ausgebaut. Das Fass stand dabei im Freien, tagsüber stiegen die Temperaturen an, nachts kühlten sie ab.
Das Ergebnis ist der Riesling 2G Doppelgranit, der nach reifem Apfel und Pfirsich duftet und sich am Gaumen komplex, ungemein druckvoll und gleichzeitig sehr fein zeigt. Neben einem angenehm kräuterig-phenolischen Akzent zeigt sich der doppelte Graniteinfluss vor allem in einer Note, die an nassen Stein erinnert. „Mehr Granit geht nicht“, sagt Stefan Dorst. 1.500 Flaschen wurden von diesem experimentellen Wein abgefüllt, es ist ein visionäres Riesling-Erlebnis.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen