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Rainer Schäfer Radikale WeineGlühwein ist keine flüssige Marmelade

Foto: Archiv

Mit den nahenden Weihnachts- und Wintermärkten beginnt auch die Glühweinsaison. Doch viele Weinliebhaber schrecken vor ihm zurück. Häufig ist er mit aufdringlichen Nelken-Aromen überwürzt, bis zur Unkenntlichkeit gesüßt und am nächsten Morgen leidet man garantiert an Kopfschmerzen.

Eine Erfahrung, die auch Joachim Fischer immer wieder machen muss. Der Inhaber und Kellermeister des Weinguts Sonnenhof in Vaihingen ärgert sich darüber, dass mancher Winzer Glühwein „als Abfallprodukt“ sieht und als Gelegenheit wahrnimmt, „mangelhafte Grundweine“ zu verwerten. Fischer will beweisen, dass ein Glühwein nicht wie „flüssige Marmelade schmecken muss“. Für die Rezeptur seines roten „Edel-Glühwein“, den er im vergangenen Herbst präsentierte, hat er ausgiebig experimentiert: Trollinger und Dornfelder werden gefühlvoll mit Zimt, Nelke, Koriander und Zitrusfrüchten abgeschmeckt (6 Euro, Bezug über www.weingutsonnenhof.de).

Auch andere Winzer hat der Ehrgeiz gepackt, hochwertige Glühweine mit natürlichen Zutaten und nach individuellen Rezepten zu erzeugen. Das Weingut Altenkirch im Rheingau, bekannt für Steillagen-Rieslinge, hat mit Glow einen weißen „Premium-Glühwein für Genießer“ aufgelegt (6 Euro, weingut-altenkirch.com).

Die Cuvée aus Riesling und Weißburgunder ist mit Sternanis, Kardamom, Orange, Zimt und Lorbeer gewürzt und kommt ohne Zucker aus, nur mit der traubeneigenen Süße. Glow ist ein animierender Glühwein mit filigranem Weincharakter und dezenter Süße – er schmeckt sogar, wenn er nicht erhitzt ist.

Aus der exakten Rezeptur seiner beiden Glühweine macht auch das Weingut Andres im pfälzischen Speyerdorf ein kleines Geheimnis. Man habe schließlich jahrelang „viel Mühe, Leidenschaft und Liebe“ investiert, sagt Yvonne Andres, die den Betrieb mit ihrem Mann Jürgen führt. Das Winzerpaar zählte zu den Ersten, die Glühwein als seriöses handwerkliches Erzeugnis verstanden: Die rote Winterpulle (Foto) aus Dornfelder wurde 2008 zum ersten Mal aufgelegt und auch schon zum besten deutschen Glühwein gekürt. Das weiße Pendant aus Müller-Thurgau folgte fünf Jahre später.

Winterpulle, 5 Euro, Bezug über weingut-andres.de

Beide Weine sind gekonnt abgestimmt, „nicht zu pappig-süß“, sagt Yvonne Andres, die ein Umdenken unter Glühweintrinkern registriert hat: Auch auf Weihnachtsmärkten wolle niemand mehr Fusel mit unerwünschten Nebenwirkungen konsumieren. Ihre beiden Winterpullen bietet die Winzerin in Literflaschen an. Sonst sind sie viel zu schnell geleert.

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