piwik no script img

Rafsandschani eliminiert Radikale

■ Gegen mehrheitliches Parlamentsvotum Innenminister Mohtaschemi und Ministerpräsident Musawi aus dem Kaninett entlassen / Präsident berief statt dessen Minister seines Vertrauens

Teheran (afp) - Der iranische Staatspräsident Haschemi Rafsandschani hat bei der Benennung seiner Regierung die Vertreter des radikalen Flügels aus dem Kabinett eliminiert. Entgegen eines Votums des Parlaments, das am Samstag mit einer Mehrheit von 136 der 270 Abgeordneten gefordert hatte, Innenminister Ali Akbar Mohtaschemi im Kabinett zu belassen, berief Rafsandschani diesen ebensowenig wie den gleichfalls als Hardliner geltenden bisherigen Ministerpräsidenten Hussein Musawi in seine Regierungsmannschaft. Dem nur noch 22 anstatt 24 Minister umfassenden Kabinett gehören dagegen erfahrene Politiker wie Außenminister Ali Akbar Welajati, Ölminister Gholam Resa Aghasadeh und der Minister für Islamische Führung, Mohammad Chatami, weiterhin an.

Insgesamt wurden zehn Minister von der alten Regierung übernommen. Wichtigste Neuberufung in der am Samstag dem Parlament vorgelegten Liste ist der Nachfolger Mohtaschemis, Innenminister Abdollah Nuri. Er stand dem Verstorbenen Revolutionsführer Ayatollah Khomeini nahe und gehörte zu den 25 Experten, die die Ende Juli verabschiedete Verfassungsreform ausgearbeitet hatten. Das Parlament wird voraussichtlich eine Woche lang über die Kabinettsliste debattieren, bevor es sich in einer Vertrauensabstimmung dazu äußert.

Mit der Entscheidung gegen Mohtaschemi entschied Rafsandschani einen ersten Machtkampf für sich. Der bisherige Innenminister galt als „enger Mitarbeiter“ Khomeinis. Im Gegensatz zu Rafsandschani befürwortet Mohtaschemi - ebenso wie die ebenfalls entlassenen Musawi und Geheimdienstminister Mohammed Mohammadi Reyschahri eine staatliche Kontrolle über die Wirtschaft. Rafsandschani, dem gute Verbindungen zur Wirtschaft und vor allem zum Teheraner Basar nachgesagt werden, vertritt dagegen eine liberalere Wirtschaftspolitik.

Zum Konflikt zwischen Rafsandschani und Mohtaschemi war es in der Frage der Geiseln in Libanon gekommen. Im Gegensatz zu Mohtaschemi und auch zum neuen geistlichen Führer Irans, Ayatollah Ali Khamenei, die sich gegen Verhandlungen mit den USA ausgesprochen haben, erklärte der Präsident am Donnerstag, Iran werde bei der Freilassung der Geiseln mithelfen, wenn Washington seine feindselige Haltung gegenüber Teheran aufgebe.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen