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RäumungMit Naziarbeit verspekuliert

Der Kulturverein Brücke 7 im Schöneweider Kiez wird zwangsgeräumt. Vor Jahren hat der Betreiber mit rechtsextremen Jugendlichen gearbeitet - und so den einst guten Ruf des Vereins lädiert. Unterstützung durch lokale Politiker bleibt darum aus.

Claus Bubolz hat es mit dem Brückenbauen allzu wörtlich genommen. 2003 war der heute 59-Jährige heftig unter Beschuss geraten, weil er den Dialog mit rechtsextremen Jugendlichen suchte. Er lud sie in die Räume seines Kulturvereins "Brücke 7" ein, das sich ausgerechnet in der Nähe vom S-Bahnhof Schöneweide in Treptow-Köpenick befindet, einer Hochburg der rechten Szene. Brücken bauen wollte er - eben auch zu Neonazis. Das kam bei Lokalpolitikern, Pädagogen und Antifas gar nicht gut an. "Naivität" und "Unprofessionalität" warfen sie ihm vor. Fünf Jahre später sind sie ihn los. Am Dienstag wurde Bubolz Verein zwangsgeräumt.

Viele Jahre lang war die Brücke 7 eine beliebte Anlaufstelle im Schöneweider Kiez. Bubolz, damals noch Kneipier und Hobbygalerist, hatte Anfang der 90er-Jahre in seinem Café in der Brückenstraße 7 begonnen, Ausstellungen und andere Kulturveranstaltungen zu organisieren. Namhafte Persönlichkeiten wie die ehemalige Präsidentin des Abgeordnetenhauses Hanna-Renate Laurien, Günter Grass und Walter Jens unterstützten sein Projekt.

Als es die NPD schaffte, in die Bezirskverordnetenversammlung in Treptow-Köpenick einzuziehen, interessierte sich Bubolz für das Thema Rechtsextremismus. "Erst dann wurde es mit ihm problematisch", erinnert sich ein Treptower Antifa-Aktivist. Um Rechtsextremismus zu bekämpfen, suchte Bubolz den Kontakt zu Rechtsextremisten und lud sie zu öffentlichen Podiumsdebatten ein. Die Diskussionen führten bei den rechtsgerichteten Jugendlichen aber nicht zur Abkehr. Im Gegenteil: Antifas aus dem Kiez berichten, dass sich die Brücke 7 zunehmend selbst zu einem Treffpunkt der Neonazi-Szene entwickelte. Bubolz bestreitet die Vorwürfe: Sein Verein habe sich immer für Toleranz und gegen Gewalt eingesetzt. Rechtsextremisten hätten bei ihm nie was zu suchen gehabt.

Offiziell hat die Räumung ohnehin andere Gründe. Das Jugendamt hatte Bubolz Verein 2005 die freie Trägerschaft der Jugendhilfe aberkannt mit der Begründung, dass sein Verein nicht die fachlichen Voraussetzungen erfülle. Ohne diese Trägerschaft gab die Senatskulturverwaltung jedoch keine Fördermittel mehr aus dem Fonds "Aufbau Ost - Kultur" frei - immerhin 114.000 Euro. Bubolz wirft dem Jugendamt seitdem vor, die bereits genehmigten Gelder für andere Dinge verschwendet zu haben. Er nahm einen Anwalt in der Annahme, ihn nur bezahlen zu müssen, wenn er in dem Rechtsstreit mit dem Bezirksamt gewinnt und die Fördergelder entsprechend fließen. Dem war nicht so. Bubolz unterlag, der Anwalt bestand dennoch auf seinem Honorar in Höhe von rund 3.300 Euro, die Bubolz - inzwischen Hartz IV-Empfänger - nicht aufbringen kann. Die Richter sahen den Betrug als erwiesen an und verurteilten ihn zu einer Geldstrafe von 1.600 Euro, die er aber ebenfalls nicht hat. Wegen Mietrückständen kündigte das Bezirksamt den Vertrag und verbot sämtliche Veranstaltungen in den Vereinsräumen.

Unterstützung für Bubolz und seinen Kulturverein bleibt parteiübergreifend aus. Bubolz habe es nicht geschafft, seine Arbeit zu professionalisieren, sagt Oliver Igel, SPD-Fraktionschef in Treptow-Köpenick. Das Thema sei "durch", heißt es von den Grünen im Bezirk. Und Linke-Fraktionschef Philipp Wohlfeil bezeichnet Bubolz als eine Person, der jegliche Qualifikation bei der Jugendarbeit fehle. Bezirksbürgermeisterin Gabriele Schöttler (SPD) bestreitet einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Räumung und Bubolz fragwürdiger Jugendarbeit. "Wer über Jahre seine Miete nicht bezahlt, muss eben raus", sagt Schöttler.

Bubolz will sich dennoch nicht geschlagen geben. Gegen das Rechtsurteil hat er Berufung eingelegt. Auch den Verein will er weiterführen. Einen neuen Ort für die Vereinsarbeit gebe es bereits, so Bubolz: eine Ecke in seiner Hartz-IV-Wohnung.

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1 Kommentar

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  • F
    Florian

    Stellungnahme zum Artikel der TAZ vom 26.11.2008

     

    Ebenso wie Erhardt Körting gegenüber dem Berliner Abendblatt erwähnte, wollte der Kulturverein Brücke 7 e.V. den Rechtsradikalen kein Podium bieten. Wir haben versucht „keine Seele als verloren zu sehen“ sondern wir wollten „immer wieder versuchen, die Jugendlichen auf den Weg der Demokratie zu bringen.“ Deshalb sehen wir es so, wie die Schlussworte Erhardt Körtings es in unserem Gästebuch hinterlassen hat: „Ohne Diskussion keine Kultur und Politik, deshalb muss man zur Diskussion immer offen sein, auch wenn es unangenehm ist.“

    Als Konsequenz der Vorwürfe haben wir die Serie rechte und linke Jugendliche an einen Tisch zu holen in Form dieser Diskussionen vorzeitig beendet. Der Kulturverein Brücke 7 e.V. war zu keinem Zeitpunkt Treffpunkt der Neonazi-Szene.

     

    Uns wurde im Jahre 2005 die freie Trägerschaft der Jugendhilfe aberkannt, was jedoch keineswegs mit der Bundesförderung „Aufbau Ost – Kultur“ in Verbindung steht. Alleine schon der Ursprung der Förderung zeigt das Förderprojekt Kultur, nicht wie erwähnt wird die Jugendarbeit. Wir werfen dem Bezirk sicherlich vor, die Gelder anderweitig verwendet zu haben, denn das Kulturamt Treptow-Köpenick ist zu keinem Zeitpunkt über die Gelder aus dem Kulturfond involviert gewesen.

     

    Der Verbleib der Fördermittel ist bis dato noch nicht geklärt bzw. aufgedeckt worden. Die Aussage, dass wir dem Anwalt sein Honorar nicht bezahlt haben stimmt so nicht. Er hat das Mandat vor einer Verhandlung fallen lassen und beansprucht nun ein Honorar, welches mit den Absprachen nicht konform ist. Dieser behauptet, wir hätten ihm ein immenses Vereinsvermögen präsentiert, doch unser Verein war niemals im Besitz eines Vermögens. Dieser Fall ist immer noch nicht abgeschlossen. Es reicht nur das Zitat der Gerichtsakte er arbeite „pro Bono“ (zum Wohle der Öffentlichkeit).

     

    Uns wurde das Mietverhältnis nicht wegen eines etwaigen Mietrückstandes ausgesprochen, sondern Auslöser war die Montage eines Weltfriedenstags – Plakates. Das Bezirksamt kann nicht behaupten, dass wir über Jahre hinweg einen Monat vergessen haben, Miete zu bezahlen. Hierfür haben wir Nachweise über die Zahlungen – nicht nur durch den Verein, sondern auch Unterstützer des Vereins. Und gegen die Aussage der Bzeirksbürgermeisterin Gabriele Schöttler ist Strafanzeige erstattet worden.

     

    Der Vorwurf uns würde parteiübergreifende Unterstützung ausbleiben können wir auch nur von uns abwenden. Unterstützung haben wir aus unseren Reihen aber auch außerhalb dieser erhalten. Unsere letzte vereinsinterne Veranstaltung zeugt von der Rückenstärkung auch auf Landes- und Bundesebene.

     

    Die Professionalität, die Herr Bubolz sich gerne aneignen wollte, wurde uns leider durch Angriffe des Bezirksamtes vereitelt. Die ehemalige Zusammenarbeit und Kooperation ist zu einer Art Widerstand mutiert. Die Qualifikation der Jugendarbeit wäre bei Ausschüttung der Fördergelder zu hundert Prozent gewährleistet gewesen, u.a. durch unsere Zusammenarbeit mit dem Berliner Jugendclub.

     

    Der Verein besteht nicht aus einer kleinen Ecke der Wohnung von Herrn Bubolz, sondern dort befindet sich momentan ausschließlich unser Büro. Wenn man es genau nimmt, befindet sich das Büro aber auch bei unserem stellvertretenden Vorsitzenden - Florian Wurl. Wir agieren weiter, denn „Für Toleranz – Gegen Gewalt“ agiert man nicht in irgendwelchen Gebäuden, sondern in der Öffentlichkeit.