Räuber verurteilt: Ausgepokert
Der Prozess gegen die Pokerräuber endet mit mehrjährigen Haftstrafen für die vier Angeklagten.
Artig schauen die vier Angeklagten auf Richter Helmut Schweckendieck, im Publikum drängen sich ihre Freunde. Doch der Richter verteilt keine Geschenke. Zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt er am Donnerstag, nach knapp dreiwöchiger Verhandlung, die "Pokerräuber" Mustafa U. (20), Jihad C. (19) und Ahmad El-A. (20) - wegen schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung.
Für den 21-jährigen Vedat S. gibt es gar drei Jahre und neun Monate - er wird als Erwachsener beurteilt. Bekümmert blickt Vedat S. zu seinen Anwälten, regungslos zeigen sich die anderen drei.
Anfang März hatte das Quartett ein internationales Pokerturnier am Potsdamer Platz überfallen und 242.000 Euro erbeutet. Als "Tat der Schwerkriminalität" bezeichnet Schweckendieck den Raub. Es sei erzieherisch geboten, darauf mit einer starken Sanktion zu reagieren. "Sonst entsteht hier ein verhängnisvoller Eindruck."
Zwar seien die Angeklagten teils dilettantisch vorgegangen, dennoch seien sie bewaffnet und maskiert gewesen, hätten Wachmänner leicht verletzt und es auf eine "außergewöhnlich hohe" Beute von einer Million Euro abgesehen gehabt, so Schweckendieck.
Der Richter äußerte sich auch ausgiebig zu den Motiven der vier Angeklagten. "Gierig" seien sie auf das Geld gewesen, hätten als "coole Helden" dastehen wollen, so Schweckendieck - auch wenn Hintermänner die Tat geplant und die vier Verurteilten erst am Tattag eingeweiht hätten. "Sie hätten aber immer die Chance gehabt abzuspringen." Vedat S. und Mustafa U. werden mit der Kronzeugenregelung und einem Strafrabatt bedacht. S. hatte sich als Erster gestellt und seine drei Komplizen verraten. U. hatte den 29-jährigen Hintermann und Fluchtwagenfahrer benannt.
"Das war mutig von ihnen", lobt der Richter. Die Geständnisse würden aber relativiert, da keiner der Täter den Verbleib der Beute aufgeklärt habe. Bis heute hat nur Mustafa U. 4.000 Euro zurückgegeben. Dass er, wie von ihm behauptet, insgesamt nur 5.000 Euro bekommen hat, glaubte ihm das Gericht nicht. Schweckendieck rügt auch die Turnierveranstalter: Die Sicherheitsvorkehrungen des Pokerturniers seien "eine Katastrophe" gewesen.
Die Verteidiger kommentieren das Urteil als "hart". Sie hatten zumeist Bewährungsstrafen gefordert - der Staatsanwalt vier bis fünf Jahre Haft. Das Urteil werde weder dem Erziehungsgedanken des Jugendstrafrechts gerecht, noch sei die Tat Schwerkriminalität, so Anwalt Dirk Lammer. Er tendiere zur Revision.
Das letzte Wort zum "Pokerraub" ist ohnehin nicht gesprochen: Am 19. August beginnt der Prozess gegen zwei Hintermänner. KONRAD LITSCHKO
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid
Berliner Sparliste
Erhöht doch die Einnahmen!
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis