piwik no script img

Rätselraten um giftige TBT-FarbenEnde und Schrecken

■ Es gibt offiziell kaum Erkenntnisse über die Gefahr durch Schiffsanstriche

Kurz vor dem Aus für die Bremer Vulkanwerft startete die Betriebsleitung eine Umfrage an alle europäischen Schiffsfarbenhersteller: Was ist eigentlich in euren Schiffsfarben? Und ist das giftig? Daß sie über Jahrzehnte keine Schokolade auf die Schiffswände aufgetragen hatten, war offenbar nur den Vulkan- Arbeitern klar.

Alle Farbenhersteller – International, Hempel, Mobil und Jouton – antworteten der Vulkan-Betriebsleitung. Alle wiesen darauf hin, strengste Sicherheitsvorkehrungen im Umgang mit den Farben einzuhalten. Nur Jouton behauptete: „Unsere Farben sind nicht gesundheitsschädlich. Die Zusammensetzung entspricht den gesetzlichen Bestimmungen.“ In der Tat, ungesetzlich war Tributylzinn (TBT) in den Schiffsfarben nicht.

Rolf Spalek war Betriebsrat für Arbeitssicherheit beim Vulkan: „Wenn wir wußten, daß ein Material gesundheitsschädlich ist, haben wir uns dagegen gewehrt. Natürlich auch gegen TBT.“ Heiko Radloff (55), vergiftet durch seine Arbeit auf der Vulkan-Werft: „Die Umfrage, was in den Farben ist, haben die nur gemacht, um sich nach dem Konkurs vor den Ansprüchen der kranken Arbeiter zu schützen.“

Thomas Zeller vom Farbenhersteller International in Hamburg: „Seit 1988 gibt es bei uns keine Schiffsfarben mit TBT für Boote unter 25 Meter. Das ist verboten.“ Niedersachsen und Schleswig-Holstein weisen aber gerade in Sportboothäfen, darin liegen Yachten unter 25 Metern, höchste Belastungen mit Tributylzinn auf. Die Bezirksregierung Weser–Ems forscht derzeit, warum das so ist. Im Katalog für Schiffsfarben für Yachten schreibt International im Kleingedruckten ganz hinten: „Bitte verwenden Sie keine TBT-haltigen Farben.“ Warum schreiben Sie nicht: TBT ist verboten? Thomas Zeller von International: „Weil wird keine TBT-haltigen Farben für Sportboote anbieten.“ Und warum sind gerade Sportboothäfen verseucht? „Was weiß ich. Entweder kriegen die Leute das durch Beziehungen oder die klauen das.“ Thomas Schumacher

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen