piwik no script img

Rätselhaft

■ Ein Lösungswort im Vorwärts sorgte für Ärger

Bonn (ap) - Das Lösungswort „Frahm“ auf die Frage nach dem Namen des SPD–Ehrenvorsitzenden Willy Brandt in einem Kreuzworträtsel der sozialdemokratischen Wochenzeitung „Vorwärts“ hat Parteimitglieder in Harnisch gebracht. Bundestagsvizepräsidentin Annemarie Renger sprach von einer „Ungeheuerlichkeit“, die die Mehrheit der SPD „beleidigt“, und forderte personelle Konsequenzen sowie eine grundsätzliche Entscheidung über den Fortbestand des Vorwärts. Frau Renger machte damit auf die Tatsache aufmerksam, daß der SPD–Ehrenvorsitzende 1913 in Lübeck als Herbert Frahm geboren wurde und im Widerstand gegen die Nationalsozialisten den Decknamen Willy Brandt annahm. Vor allem aber erinnerte sie daran, daß der Namenswechsel Brandts in den sechziger Jahren vom konservativen Lager in der Bundesrepublik zum Gegenstand einer ungewöhnlichen Verunglimpfungskampagne gegen die Sozialdemokraten gemacht worden war. Vorwärts–Chefredakteur Günter Verheugen entschuldigte sich unmittelbar nach der Drucklegung des Blattes (Erscheinungsdatum: 30.Januar 1988) bei Brandt für die „böse Entgleisung“. Er erklärte es gebe keinen politischen Hintergrund für den Vorgang und verwies darauf, daß zwar die freie Autorin des Rätsels und der verantwortliche Redakteur um den Geburtsnamen Brandts gewußt hätten. Ihnen sei aber, jung wie sie seien, nicht aus eigener Erinnerung bewußt gewesen, „daß der Geburtsname so sehr mit dieser Kampagne von rechts verschmolzen ist, daß die Nennung des Namens als Wiederaufnahme der alten Kampagne mißinterpretiert werden könnte“. Brandt hat die Entschuldigung des Vorwärts nach Angaben Verheugens akzeptiert. Der SPD–Ehrenvorsitzende steht im übrigen zu seinem Geburtsnamen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen