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Rätsel des AlltagsUhren in Missionarsstellung

In Magazinen, auf Plakatwänden, im Schaufenster: Warum stehen die Zeiger der Uhren eigentlich immer auf zehn nach zehn?

Auch eine Uhr kann flirten. Bild: dpa

Betrachtet man die Auslagen von Uhrengeschäften, scheint es, als sei die Zeit stehen geblieben. Ziffernblätter aus Gold und Silber. Armbänder aus Krokodilleder und Titan. Große Preise auf kleinen Schildern. Das Geschäft mit der Zeit ist so konservativ wie sie selbst. Eine Sekunde ist eine Sekunde ist eine Sekunde. Tick, tack. Möglicherweise ist das auch der Grund, warum die Stellung der Zeiger nie voneinander abweicht. Es ist immer zehn nach zehn. Im Schaufenster, auf Plakatwänden, in Hochglanzmagazinen. Zehn nach zehn ist die Missionarsstellung der Armbanduhren. Aber warum eigentlich?

Drehen wir die Uhr zurück in die sechziger Jahre. Damals legte die japanische Uhrenfirma Seiko fest, dass ihre Produkte auf Abbildungen immer zehn Uhr, acht Minuten und 42 Sekunden anzeigen sollten. Die anderen Hersteller haben sich dieser Entwicklung vermutlich einfach angepasst. Erforscht hat das Florian Coulmas, ein Wissenschaftler am deutschen Institut für Japanologie in Tokio. Coulmas zu erreichen ist gar nicht so leicht, denn wenn es bei ihm zehn nach zehn ist, ist es in Deutschland mitten in der Nacht.

Symmetrie sei jedenfalls nicht der Grund für die gleiche Taktung, meint Coulmas, denn dann müssten die Zeiger zehn Uhr, neun Minuten und 13 Sekunden anzeigen. Die Erklärung liege vielmehr im Wesen der Uhr selbst: Sie soll Einheitlichkeit vermitteln. Der Uhrenvergleich, früher ein Ritual in jedem guten Gangsterfilm, ist längst überholt – heute denken wir größer, orientieren uns an der Weltzeituhr. Kabul, New York, Reykjavík. Zehn nach zehn, vielleicht heißt das: Wir sind alle gleich.

Es mag aber auch sein, dass die Zeigerstellung kulturell bedingt ist. Bestimmten Uhrzeiten wird eine Bedeutung beigemessen, die für viele Menschen gültig ist. Elf Uhr elf? Karneval. 20 Uhr? „Tagesschau“. Fünf vor zwölf? Politikersprech. Und, vermutlich besonders fest in den Köpfen verankert: Morgens, halb zehn in Deutschland. Zeit für ein Knoppers. Dann ist ein Stückchen geschafft, säuselt der Sänger im Werbespot, während die Frisörin, der Anzugträger und der Bauarbeiter ihre Arbeit niederlegen. Seit ein paar Jahren wirbt Knoppers mit einem neuen Slogan: Mein halb zehn ist jetzt halb zwölf. Möglicherweise eine Reaktion auf das Ende des Nine-to-five-Arbeitstags, denn prekäre Kreative stehen um halb zehn gerade erst auf.

Andere Uhrzeiten sehen komisch aus. Komisch, oder?

Martina Dold freut sich um diese Zeit auf den ersten Kaffee. Sie ist Uhrenmacherin bei Askania in Berlin und findet zehn nach zehn eine schöne Zeit: „Da hat man schon einen Plan vom Tag.“ In ihrem Geschäft haben sie zwar auch schon andere Zeigerstellungen ausprobiert, aber die Kunden hätten sich jedes Mal gewundert: „Irgendwas stimmt da nicht.“ Auch Dold findet, dass andere Uhrzeiten komisch aussehen, so, als sei die Uhr stehen geblieben. Also wirklich alles nur eine willkürliche Tradition der Uhrenindustrie?

Keinesfalls. Schauen Sie sich das Bild links vom Text noch einmal genauer an. Sehen Sie die beiden Zeiger, die von der Mitte aus optimistisch nach oben zeigen, Richtung Himmel? Ein Symbol für ein Smiley, sagen Uhrmacherin Dold und Japanologe Coulmas. Eine Uhr auf 20 vor vier sehe dagegen einfach nur traurig aus. Das ist also das Geheimnis: Mach es wie die Sonnenuhr, zähl die heit’ren Stunden nur. Die Uhr lächelt uns an, verführt uns zum Kauf, flirtet vielleicht gar mit uns.

Martina Dold ist sich jedenfalls sicher, dass die Zeiger auf zehn nach zehn das Verkaufsverhalten positiv beeinflussen. Psychologiestudenten aus Jena haben das getestet: 115 Versuchspersonen sahen sich die lächelnden und die traurigen – in der Versuchsreihe „Grumpy“ genannten – Uhren an. Eine Vorliebe konnte nicht nachgewiesen werden: „Der praktische Nutzen einer Zeigermanipulation für den Uhrenverkauf wird somit von den vorliegenden Ergebnissen in Frage gestellt.“

Aber vielleicht irren Uhrenspezialisten und Wissenschaftler, vielleicht geht es gar nicht ums Gesicht. Im Film „Vorsicht Sehnsucht“ von Alain Resnais sind die Uhrzeiger ein Symbol für Frauenbeine. Die wann genau eine ziemlich eindeutige Position einnehmen? Eben.

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9 Kommentare

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  • X
    XHQ8N-C3MCJJ-RQXB6-WCHYG-C9WKB

    Und jetzt bitte noch die aktuellen Tipps für die kommende Frühlingsdiät, ja?!

  • A
    Arne

    Natürlich geht nicht zwanzig vor fünf.

     

    Wer würde schon eine Uhr kaufen, die wie Frau Merkel aussieht.

  • C
    Chaplin

    Als Augenbrauen verstanden geben die Zeiger einen ziemlich mürrischen Herren samt Schnörres; Marke Peter Gauweiler, ab!

    • D
      digitaluhr
      @Chaplin:

      Oder wie Baby Stewie Griffin mit herausgestreckter Zunge ...

  • K
    KSD

    Hochinte ... *gäääähn* ... ressant

    • G
      gerstenmeyer
      @KSD:

      wäre doch ein thema für die EU

  • U
    Uhrenverkäuferin

    Ich habe bereits in der Ausbildung gelernt, daß diese Zeigerstellung diejenige ist, die alle Elemente eines Zifferblattes sichtbar und unverdeckt zeigt. In Ihrem Beispielfoto wird dies sehr gut deutlich. Jede andere Zeigerstellung würde Teile der Datums-, der Mondphasen- oder der Sekundenanzeige oder den Herstellerschriftzug verdecken.

    Wenn das dann noch wie ein Lächeln wirkt, kann man ja nur noch zugreifen :-).

    • DB
      Dirtyze bis
      @Uhrenverkäuferin:

      Ja, so einfach kann es sein. Hätte man ja mit ein wenig Recherche herausbekommen können. Aber wozu Recherche, wenn sich mit albernen Spekulationen und noch alberneren Studien aus albernsten Studienfächern (haben die Japaner auch ein Fach Namens "Deutschologie"?) Zeilen füllen lassen? Zeilen für die frau Zeilenhonorar bekommt?

      Tatsächlich findet sich genau diese Antort auch seit 5 Jahren bei gutefrage.de: http://www.gutefrage.net/frage/warum-stehen-die-uhren-im-uhrengeschaeft-immer-auf-10-nach-10

      Dauer für die Recherche (Googlesuche): 0,4 Sek.

    • @Uhrenverkäuferin:

      Wenn es so einfach wäre, könnte man aber nicht in dieser epischen Breite darüber berichten (bzw. Forschungsmittel für die Ursachenforschung locker machen). Also KANN das gar nicht der Grund sein.

       

      Und bitte lassen Sie auch in Zukunft solche kapitalfreundlichen Versuche, unterdrückten Werktätigen die Butter vom Brot zu nehmen! Da könnte man ja gleich Stellen im öffentlichen Dienst streichen wollen oder andere Perversitäten...