: Radunski läßt sich nicht erpressen
■ Wissenschaftssenator will Studiengebühr nicht zurücknehmen. Die Landesrektorenkonferenz ist gegen die Gebühr, will sie aber dennoch erheben
Der Staat lasse sich nicht „erpressen“, und die neue Regelung einer Rückmelde- und Immatrikulationsgebühr werde „mit Sicherheit“ nicht zurückgenommen, sagte gestern Kerstin Müller, Sprecherin von Wissenschaftssenator Peter Radunski (CDU). „Die Menschen müssen sich daran gewöhnen, daß Staatsleistungen in Zukunft nicht mehr umsonst zu haben sind. Wer eine öffentliche Bibliothek benutzen will, zahlt schließlich auch.“ Sie dementierte darüber hinaus, daß es sich bei den halbjährlichen Rückmeldegebühren von 100 Mark um verkappte Studiengebühren handelt.
Die Rektoren und Präsidenten der Berliner Hochschulen schlugen sich dagegen gestern auf die Seite der protestierenden Studenten. In einem Brief an die Studierenden betonte der Vorstand im Namen der Landesrektorenkonferenz (LKPR), die Gebühren sollten nicht wegen des relativ geringen Betrages von 100 Mark pro Semester verharmlost werden. Mit einem „ersten Sonderbeitrag der Studierenden zur Konsolidierung des Landeshaushaltes“ und bei der möglichen Einführung von Studiengebühren ginge es „in Wahrheit um eine grundsätzliche hochschul- und bildungspolitische Frage“. Die Universitäten würden die Gebühr dennoch erheben, weil sie an das Gesetz gebunden seien.
Die aus Studenten bestehende „Initiative gegen Studiengebühr“ bleibt bei ihren Boykottdrohungen. Sie ruft dazu auf, die Rückmeldegebühren nicht zu bezahlen, gleichzeitig dagegen zu klagen und im Zweifelsfall die Exmatrikulation zu riskieren. Die Studierenden sollten sich dem Protest möglichst zahlreich anschließen, denn nur so sei der Boykott politisch wirkungsvoll. Die Initiative erfährt regelmäßig von den Immatrikulationsbüros, wie viele Studierende sich bisher zurückgemeldet haben, ohne zu zahlen.
Die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) erklärte bei einer gemeinsamen Informationsveranstaltung, sie werde die Studierenden durch Beratung und Rechtsbeistand unterstützen. Ein von der Gewerkschaft in Auftrag gegebenes Gutachten kam zu dem Schluß, daß die Gebühren rechtswidrig seien.
Wissenschaftssenator Radunski hält dagegen die „Verwaltungsgebühr“ weiterhin für rechtlich unbedenklich. Die Gebühr sei von der Senatsverwaltung für Justiz geprüft worden, und diese arbeite zuverlässig, betonte seine Sprecherin. Das GEW-Gutachten habe sie bisher noch nicht gelesen. Sie könne dennoch sagen, daß der dort erhobene Vorwurf nicht berechtigt sei, daß die Gebühren im Vergleich zur Verwaltungsleistung überdurchschnittlich hoch sein sollen. Stephanie v. Oppen
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