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Radioaktive MüllentsorgungStillstand in der Asse

Kommunalpolitiker und Umweltschützer sind über neue Verzögerungen bei der Bergung des Asse-Mülls besorgt. Sie fühlen sich hingehalten.

Soll angebohrt werden, weil kontaminierte Lauge darin ist: die verschlossene Einlagerungskammer 12. Bild: dpa

GÖTTINGEN taz | Der Wettlauf mit der Zeit scheint schon vor dem Start verloren zu gehen. Im einsturzgefährdeten Atommülllager Asse verzögert sich die Probephase für die Bergung der radioaktiven Abfälle immer weiter. Kommunalpolitiker und Umweltschützer sind besorgt.

"Ich bin zutiefst frustriert, dass es immer wieder zu Verzögerungen kommt und es nicht vorangeht", sagt die Bürgermeisterin der Samtgemeinde Asse, Regina Bollmeier (SPD). Ihr Parteifreund, der Wolfenbütteler Landrat Jörg Röhmann, spricht von einem "herben Rückschlag für unsere gemeinsamen Ziele". Beide sind Mitglieder der sogenannten Asse-2-Begleitgruppe.

Bei der bislang letzten Sitzung des Gremiums vor einer Woche teilte das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) mit, dass die erste Kammer mit Atommüll 2011 nicht mehr angebohrt wird. Fachbereichsleiter Michael Siemann sagte, es sei derzeit nicht möglich, die in der Genehmigung vorgeschriebene Versorgung mit Stickstoff für den Fall eines Brandes in der Kammer sicherzustellen.

Das BfS will nun auf ein mobiles Luft-Zerlegeverfahren am Werksgelände ausweichen. Dafür müssen aber erst weitere Genehmigungen eingeholt werden. Ein weiteres Problem ist dem BfS zufolge die Entsorgung der kontaminierten Lauge vor Kammer 12, die ebenfalls angebohrt werden soll. Es sei immer noch unklar, ob die Lauge an die Landessammelstelle des Landes Niedersachsen abgegeben werden könne. "Wenn das Verfahren insgesamt nicht beschleunigt wird, ist das Projekt der Rückholung in dem angedachten zeitlichen Rahmen nicht möglich", sagte Siemann laut Protokoll der Asse-2-Begleitgruppe.

Das Anbohren von zwei Kammern mit radioaktiven Abfällen ist Teil der sogenannten Faktenerhebung. Damit will sich das BfS einen Überblick über den Zustand der Einlagerungskammern und der Fässer mit Atommüll verschaffen. Erst danach soll entschieden werden, ob der Atommüll aus dem vom Einsturz bedrohten Bergwerk geborgen werden kann. Der schlechte Zustand des Grubengebäudes lässt für die Rückholung allerdings nur eine begrenzte Zeit zu. Die eigentliche Bergung würde nach Schätzungen von BfS-Chef Wolfram König mindestens zehn Jahre dauern. Das Bundesumweltministerium rückt inzwischen von dem Vorhaben ab. Bei der Rückholung gebe es "offene Punkte, die die Realisierbarkeit schwieriger als geplant gestalten und sogar in Frage stellen könnten", schrieb Staatssekretärin Ursula Heinen-Esser an den Umweltausschuss des Bundestags.

Auch die Asse-2-Begleitgruppe ist sauer auf das Bundesumweltministerium. Ein seit längerem geplanter juristischer Workshop, der rechtliche Fragen rund um die Asse klären sollte, kommt nicht zustande. Das Ministerium kann angeblich keine geeigneten Termine finden, weil die Juristen des Hauses mit dem Entsorgungsgesetz beschäftigt seien.

Die Wolfenbüttler SPD-Kreistagsabgeordnete Heike Wiegel, die auch Mitglied der Bürgerinitiative "Aufpassen" ist, urteilt: "Wenn es so dargestellt wird, dass die Rückholung nicht möglich ist, dann liegt es am Geld oder am Nichtwollen."

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