Radio Bremen: Die Zeit wird knapp, fürchtet der Rundfunkrat
Intendant ist gefordert
„Sie sind viel stärker, als Sie denken“, ermunterte am Montag der Rundfunkrat Professor Klaus Bernbacher den Intendanten des Senders, Heinz Glässgen. Der soll, so finden jedenfalls einige Mitglieder des Rundfunkrates, sich beim Thema „Medienzentrum“ um einiges kämpferischer verhalten. Glässgen solle sich mit „Mut und Standhaftigkeit“ wappnen, empfahl ihm Bernbacher außerdem. Und der CDU-Politiker Bernd Neumann formulierte es (wahrscheinlich von Berufs wegen) noch drastischer: „Seien Sie doch nicht so diplomatisch, Sie müssen Druck machen und dürfen sich nicht reinregieren lassen.“
Dabei konnte die neue Standortfrage für Radio Bremen nur durch Senatsbeschluss (am 10. September dieses Jahres) ins Rollen gebracht werden. Im Prinzip handelt es sich hier um eine Rettungsaktion für die kleine Landesrundfunkanstalt der öffentlich-rechtlichen ARD. Der Sender muss ab 2006 mit einem um fast 30 Prozent reduzierten Budget auskommen. Deshalb sollen Fernseh - und Rundfunkstudios auf technisch höchstem Niveau in einem „Medienzentrum“ zusammengefasst werden. Der Finanzierungs- und Zeitplan sieht für 2006 den gekürzten Etat vor. „Die Zeit drängt“, weiß Glässgen, aber drohen wolle er auch keinem.
Der Senat machte vor drei Monaten Nägel mit Köpfen und entschied: Wenn Radio Bremen sich an der Faulenstraße niederlasse, werde die Landesregierung für Grunderwerb und Herrichtung der Grundstücke 5,9 Millionen Euro zuschießen. Bei alternativen Standorten gebe es diese Finanzspritze aber nicht.
Das Faulenquartier wäre danndas „KommunikationsQuartier Bremen“. Dabei wurde der so genannten „Brückenlösung“ Vorrang eingeräumt (ehemalige Gebäude Saturn Hansa und Bamberger Kaufhaus mit Brücke über der Faulenstraße). Um die Realisierung vorzubereiten, beteiligt sich die Bremer Investitions-Gesellschaft (BIG) gemeinsam mit Radio Bremen an einer Entwicklungsgesellschaft „KommunikationsQuartier Bremen“, deren vorrangige Aufgabe die Suche nach einem kompetenten Privatinvestor sein soll. Aufgrund des Investitionsvolumens von 80 Millionen Euro muss der Sender den Auftrag für ein ausführendes Bauunternehmen europaweit ausschreiben. Damit streicht mit Sicherheit auch nochmal Zeit ins Land.
Soweit zu den grundsätzlichen Entscheidungen. Nun aber dreht es sich um die Umsetzung, und die geht vielen Rundfunkräten offenbar zu langsam. Der Rundfunkrat unterstützt dabei aktuell den Verwaltungsrat, der vor kurzem den Beschluss verabschiedete, ab Januar nach Alternativstandorten (etwa die Fohlenweide in Osterholz neben den bisherigen Fernsehstudios) zu suchen, wenn die Grundstückssicherung im Faulenquartier bis Ende des Jahres nicht abgeschlossen sei. Das ist als ein unmissverständlicher Fingerzeig auf die BIG zu werten. Denn die steht in Verhandlungen mit den Grundstückseigentümern, ist also für die Sicherung der Grundstücke zuständig. Lutz Ruminski, Sprecher der BIG: „Es geht hierbei um die Grundstücke Saturn Hansa und um ein Nachbargebäude des Bamberger Hauses.“ Hier werde natürlich um Preise geschachert, so wie das nun mal üblich sei. Man müsse zudem immer bestimmte Zeitabläufe einkalkulieren, weist Ruminski die Ungeduld des Rundfunkrates zurück. Nichtsdestotrotz sei die BIG zuversichtlich, dass bis Januar eine Entscheidung (welche auch immer) fallen werde.
Fakt ist allerdings: Der Rundfunkrat forderte am Dienstag einstimmig, dass es am 3. März 2003 zur nächsten Ratssitzung eine definitive Entscheidungsgrundlage zum Standort Radio Bremen geben müsse - ob nun im Faulenquartier oder in alternativer Lage. Das ist eine eindeutige und schwerwiegende„Hausaufgabe“ an den Intendanten. Daniela Barth
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