Radikale Weine von Rainer Schäfer:
Im Herbst, wenn die Weine vergären, da müsse er beinahe beim Wein schlafen, sagt Helmut Dolde. So intensiv ist die Betreuung. Das machen nicht viele Winzer. Doldes Weingut ist eine umgebaute Garage, er konnte nie groß in Technologie investieren. „Ich muss meine Fantasie anstrengen und mit der Natur arbeiten.“ Seine Weine vergären nicht, wie üblich, kontrolliert bei gesteuerter Temperatur. Er kühlt die Fässer mit nassen Decken und bei offenem Fenster. „Ich muss mehr nach meinen Weinen schauen als andere Winzer. Aber dadurch entsteht auch eine besondere Nähe zu ihnen“, sagt der ehemalige Gymnasiallehrer für Biologie und Chemie aus Linsenhofen am Rand der Schwäbischen Alb. Doldes Weinberge stehen auf Verwitterungsböden aus braunem und weißem Jurakalk. Solche Böden sind in Deutschland eine Rarität, im Burgund wachsen darauf berühmte Weine. Mit bis zu 530 Höhenmetern zählen sie zu den höchstgelegenen Weinbergen Deutschlands. Die „Bergweine“, wie Dolde sie nennt, sind besonders: Man riecht und schmeckt die klirrende Frische der Höhenlage, die animierende Säure, den würzigen Ausdruck der Kalkböden. Dolde, Jahrgang 1952, ist ganz der schwäbische Tüftler, er lotet präzise die Möglichkeiten dieses extremen Weinbaus aus, mit einem tiefen Verständnis der natürlichen Bedingungen. Besonders gut versteht sich Dolde auf Silvaner und Spätburgunder. Den hat Dolde im 500-Liter-Fass aus schwäbischer Eiche ausgebaut, die aus dem Rottenburger Stadtwald stammt. Er bietet großzügig Kirsche und Cassis an und ein raffiniertes Spiel von markanten Gerbstoffen, präzise definierter Säure und sehniger Kraft. Es ist ein puristischer, bergkühler Charmeur, der in Blindproben mit hochpreisigen Burgundern konkurrieren kann.
Linsenhöfer Spätburgunder Schwäbische Eiche 2013,Weingut Dolde, 12 Euro, Bezug über www.DoldeWein.de
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