Rad-Gesetzentwurf fertig: Staatsdiener auf Diensträder!
Die Initiative Volksentscheid Fahrrad hat geliefert, der Entwurf eines Radverkehrsgesetzes liegt dem Senat vor. Ein paar neue Forderungen sind dazugekommen.
Der Entwurf für ein „Berliner Radverkehrsgesetz (RadG)“ ist fertig. Fünf Artikel und 21 Paragrafen hat der Text, den die Initiative Volksentscheid Fahrrad am Montagmorgen im Roten Rathaus abgab. Jetzt muss der Senat eine Kostenschätzung für die Umsetzung der Maßnahmen liefern. Dann erst kann die Unterschriftensammlung starten, die den Prozess der Volksgesetzgebung ins Rollen bringt: 20.000 BerlinerInnen müssen sich für den Antrag auf ein Volksbegehren aussprechen. Die Initiative rechnet damit, diese Zahl in kürzester Zeit zusammenzubekommen.
„Das war ein hartes Stück Arbeit, aber wir sind im Zeitplan geblieben“, sagte Philipp Bastian von „Volksentscheid Fahrrad“ bei der Präsentation des Gesetzentwurfs in den Räumen der Petitionsplattform change.org. Der Ort war mit Bedacht gewählt, denn die Initiative will erstens eine Petition starten, um Berlins Radverkehr zur „Chefsache“ zu erheben, und zweitens macht die Adresse etwas her: change.org sitzt im Haus der Bundespressekonferenz.
Die Forderungen des „Volksentscheids Fahrrad“ – sehr viel neue Infrastruktur, mehr Sicherheit, Stellen für Verkehrsplanung auf allen Ebenen – werden schon länger diskutiert. Jetzt erklärten Philipp Bastian und Mitinitiator Heinrich Strößenreuther, welche Veränderungen sich bei der Umwandlung eines Wunschzettels in einen juristisch wasserdichten Text ergeben haben.
Was auf den ersten Blick auffällt, sind die vielen Soll-Formulierungen. „In den ersten zwei Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes sollen in Summe 50 km Fahrradstraßen eingerichtet werden“, heißt es jetzt etwa, „Die Mindestbreite eines Radschnellwegs soll 2 m pro Richtung betragen“ oder „Bei allen Polizeidirektionen und Ordnungsbehörden sollen Fahrradstaffeln eingerichtet werden.“
Was für Laien nach einer Verwässerung klingt, tut dem Impetus des Gesetzes laut Strößenreuther keinen Abbruch: „Eine Soll-Formulierung bedeutet immer noch, dass die Behörden zum Handeln verpflichtet sind – mit Ausnahmen, die aber klar zu begründen sind.“ Ermessensspielräume müssten sinnvollerweise eingeräumt werden, zumal auch Bundesnormen Einfluss auf die Umsetzung des Radverkehrsgesetzes hätten.
Eine andere Neuerung enthält kein „soll“: Der Senat muss innerhalb von einem Jahr einen „Umsetzungs- und Budgetplan“ für die Infrastrukturmaßnahmen erarbeiten, vom Abgeordnetenhaus bestätigen lassen und diesem im Jahresrhythmus über die Abarbeitung der Ziele berichten. Diese Berichte sind im Sinne der Transparenz „unverzüglich“ ins Netz zu stellen.
Bevor das Blut fließt
Weitere Änderungen sind etwa die Anschaffung (zusätzlicher) Dienstfahrräder für alle dienstwagenberechtigten Politiker, die Einrichtung von Radverkehrs-Stabsstellen bei Senat und Bezirken. Oder auch, ganz praktisch, die sichere Umgestaltung von Kreuzungen, die zwar nicht aus der Unfallstatistik hervorstechen, aber von Radfahrenden als gefährlich wahrgenommen werden. Dazu soll es Erhebungen geben. „Wir wollen eingreifen, bevor Blut geflossen ist“, sagt Strößenreuther.
Ein neuer Aspekt, der nicht im Gesetz steht, ist die überholte Kostenschätzung der Initiative. Die fällt jetzt viel stattlicher und vermutlich realistischer aus: 320 Millionen statt 150 Millionen Euro soll die Umsetzung des „RadG“ über einen Zeitraum von sieben Jahren kosten. Für Strößenreuther immer noch preiswert: „Das wären pro Kopf und Jahr 12,60 Euro, deutlich weniger als in Kopenhagen oder Oslo, aber auch als die Ausgaben des Senats für den Kfz-Verkehr.“ Die beziffert die Initiative mit je 83,50 Euro.
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