Racheaktion in Gefängnis in Italien: Wärter foltern Häftlinge
In einer JVA nahe Neapel haben die Mitarbeiter Insassen verprügelt, bespuckt, schikaniert. Als Strafe für eine vorangegangene Revolte.
Rom taz | Schockierend sind die Szenen, die die Überwachungskameras im Gefängnis von Santa Maria Capua Vetere aufgezeichnet haben. Gefangene knien auf dem Boden, während die Schlagstockhiebe der Wärter auf sie niederprasseln, Gefangene werden eine Treppe hochgeführt und dabei verprügelt, Gefangene müssen in einem Flur spießrutenlaufen, während ein Spalier von Beamten auf sie einschlägt.
Die Bilder aus der 20 Kilometer vor Neapel liegenden JVA entstanden am 6. April 2020. Sie zeigen eine mit System durchgeführte Strafaktion des Personals gegen die Insassen wegen einer Gefängnisrevolte vom Vortag. Damals, in den ersten Wochen der Coronapandemie, schwappte der Protest quer durch alle Knäste Italiens, getragen von der Angst vor dem Virus genauso wie von der Erbitterung über die generellen Besuchsverbote.
In Santa Maria Capua Vetere wurde die Rebellion auch dadurch ausgelöst, dass ein Häftling positiv getestet wurde. Allerdings war dort die Revolte weit glimpflicher ausgegangen als anderenorts: Nach nur wenigen Stunden hatten die Häftlinge sich wieder in ihre Zellen begeben, sie hatten keine Gewalt ausgeübt und nichts zerstört.
Doch die Wärter waren mit ihrem als zu weich eingeschätzten Chef unzufrieden; sie wollten, gestützt von dem Kommandeur einer externen Einsatzgruppe der Gefängnispolizei, am nächsten Tag ein Zeichen setzen und beschlossen eine vorgebliche Durchsuchungsaktion in den Zellen, die zur Gewalt- und Demütigungsorgie ausartete. Häftlinge mussten sich nackt ausziehen, wurden nackt auch die Treppen hochgeführt, geschlagen, angespuckt, ihnen wurden die Bärte abgeschnitten oder in Büscheln ausgerissen. „Wir sind jetzt hier der Staat“, brüllten die Beamten. 14 Insassen kamen anschließend in Isolationshaft, einer nahm sich dort das Leben.
52 Beamte sind nun wegen Folter angeklagt
52 Beamten trug dies jetzt die Anklage wegen Folter ein. Acht von ihnen wurden in Haft genommen, 18 weitere befinden sich im Hausarrest, alle sind vom Dienst suspendiert. Die Justizministerin Marta Cartabia geißelte die Übergriffe mit scharfen Worten und sprach von „Verrat an der Verfassung“.
Weit nachsichtiger ist Italiens Rechte. Matteo Salvini, Chef der Lega, reiste am Donnerstag zu einer Kundgebung nach Santa Maria Capua Vetere, „um meine Solidarität mit dem Personal der Gefängnispolizei zu zeigen“. Die Foltervorwürfe interessieren ihn nicht weiter: „Die Lega wird immer auf der Seite der Sicherheitskräfte stehen.“ Auch Giorgia Meloni, Vorsitzende der postfaschistischen Fratelli d’Italia, die in den Umfragen mittlerweile bei 20 Prozent liegen, spricht den Beamten, die zugeschlagen haben, ihr „volles Vertrauen“ aus.
Leser*innenkommentare
m.d.bichlmeier
Na, in Italien schaffen die Opfer es immerhin in den Vollzug, bei uns schaffen es manche nicht einmal die Zellen in den Polizeistationen lebend zu verlassen.......
Huege
Es ist schon bezeichnend, die Rechten inszenieren sich immer so gerne als Parteien für "Recht und Ordnung", treten aber diese Prinzipien systematisch mit Füßen.