piwik no script img

Rache der polnischen BischöfeMinisterin soll exkommuniziert werden

Die polnische Gesundheitsministerin Ewa Kopacz soll bestraft werden, weil sie einem vergewaltigtem 14-jährigen Mädchen zur Abtreibung verhalf.

Nicht nur das Aschenkreuz soll Ewa Kopacz künftig verwehrt bleiben. Bild: dpa

WARSCHAU taz Katholische Bischöfe wollen Polens Gesundheitsministerin exkommunizieren. Ewa Kopacz verhalf einer vergewaltigten 14-Jährigen zu ihrem Recht und nannte ihr eine Klinik, in der sie einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen konnte. Den sehr rigiden Gesetzen in Polen zufolge gibt es nur drei Gründe, die einen Abbruch rechtfertigen: Gefahr für die Gesundheit der Mutter, schwerste Missbildungen beim Fötus und Vergewaltigung.

Doch obwohl Agata alle erforderlichen Papiere vorweisen konnte, wiesen die Ärzte sie ab. Denn an die Fersen des jungen Mädchens hatte sich ein katholischer Priester geheftet und jedem Arzt ins Gewissen geredet. Das Recht Gottes sei höher zu bewerten als das Recht des Mädchens. Da der Arm der katholischen Kirche in Polen weit reicht und von Radio Maryja aufgehetzte Abtreibungsgegner schon mal Autos demolieren oder "Mörder" an die Hauswände von Ärzten schmieren, verweigerten in der Folge alle Ärzte den Eingriff.

"Ich fühle mich nicht schuldig", erklärt hingegen Ewa Kopacz, die Gesundheitsministerin Polens und bekennende Katholikin. "Dieses Mädchen hatte ein Recht auf Abtreibung. Es wurde vergewaltigt. Die Einhaltung des Gesetzes, das schon über ein Jahrzehnt in Polen gilt, kann nicht plötzlich schlecht sein."

Ewa Kopacz bekommt die Rache der Bischöfe zu spüren. Bild: dpa

Dennoch fordert nicht nur die rechtsradikale Zeitschrift Fronda die Exkommunizierung der Ministerin, sondern auch der Erzbischof von Danzig, Tadeusz Goclowski, sowie Bischof Stanislaw Stefanek. Der ehemalige Vorsitzende des Familienrats des polnischen Episkopats geißelte den Abbruch gar als einen "Sieg der Todesideologie". Fronda veröffentlichte nun auf ihren Internetseiten ein Denunziationsformular, mithilfe dessen jeder "gute Katholik" Kandidaten zur Exkommunikation beim polnischen Episkopat melden kann.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

12 Kommentare

 / 
  • CM
    Christian Münster

    Na, wie schon meine Vorkommentatoren schrieben, wo ist der Unterschied zu Islamisten und Zionisten.

    Sie versuchen Geschichten aus der Wüste für alle verbindlich zu erklären.

    Von mir aus, kann jeder glauben was er will, aber belästigt "Andersgläubige" nicht damit.

    Wir brauchen keine glaubensinitierten Probleme. Wie einer lebt, hat keinen zu interessieren, der nicht betroffen ist. Der noch bewusstlose "Zellhaufen", der in dem armen Mädchen heranwächst, ist, so er denn eine katholische Seele hat, evtl. froh über das ihm ersparte Schicksal. Denkt an Tucholsky's Embryo.

  • JP
    John Pracht

    Wie sich die Bilder doch gleichen. Die Ultras in den verschiedensten christlichen Kirchen, nicht nur die der katholischen, in Polen, Irland, USA und Spanien, gehen über die Androhung von Exkommunikation auch bis zu Morddrohungen und würden, wenn sie denn dürften, auch wieder autodafés (die Vollstreckung eines Urteils der Inquisition, Anm. d. Red.) abhalten und Hexen verbrennen. Was unterscheidet sie von Terroristen?

  • KB
    Kyle Broflovski

    Die Essenz von Patriarchat

    - ob katholisch oder islamisch -

    ist die Furcht vor und der Haß auf Frauen.

  • H
    hassan

    Die Taz ist großartig.

     

    @Hans-Martin Moderow :

     

    Oh mein Gott, wer hätte das erwartet! ^^

     

    @einige vom rest:

    Wer gibt euch das recht über andere menschen zu richten?

    wer keine ahnung von religion hat, sollte einfach mal ruhig sein.

    Niemand zwingt die leute katholiken zu sein, es stehet jedem frei seine religion zu wechseln.

     

    Ich dachte immer wenn man sich für eine religion entscheidet, dann muss man sie bediengungslos akzeptieren ohne wenn und aber, ansonsten ist es die falschen für einen, aber das passt manchen ja nicht.

     

    @ellen: rassimus und sexismus hilft keinem

     

    zitat:"Und die polnische Gesellschaft ist zu großem Prozent offensichtlich leider nicht so intelligent und primitiv (tja, die Geschichte des Landes war wohl zu schwer)." etc.

  • HM
    Hans-Martin Moderow

    Die TAZ zeigt wieder einmal, dass sie, wie die ganze grüne Ecke, keine Ahnung und kein Verständnis für religiöse Fragen hat.

  • B
    berthold

    Mit der Aufnahme von Vize-Bush-Krieger Tony Blair hat die vatikanische Sekte wieder einmal durch die Tat bewiesen, dass sie die gleiche Strategie verfolgt wie bei der Indianerausrottung, dem Dreißigjährigen Krieg oder dem Ermächtigungsgesetz. Dort NICHT Mitglied zu sein kennzeichnet anständige, gebildete Menschen. Austritt oder Ausschluss ist ein großer persönlicher Fortschritt für die polnische Ministerin und er stärkt die europäische Kultur der Freiheit und Selbstbestimmung.

  • E
    Ellen

    Das Problem in Polen ist nicht nur die katholische Kirche, sondern auch (bzw.vor allem) die Gesellschaft - patriarchalische, in der männliches Denken und Handeln, auch zerstörerisches, diskriminierendes, verletzendes, grundsätzlich immer entschuldigt wird. Männer sagen etwas, und die Frauen sagen dazu ja, egal was es ist (vielleicht aus Angst). Einer vergewaltigten oder sexuell belästigten Polin wird oft nicht nur nicht geholfen, sondern die Schuld zugeschrieben. Es ist (noch?) nicht gut in Polen jemand anderer als heterosexueller Mann zusein.

    Sehr viele polnische Kommentare zu dieser Tragödie (ua. in Online-Foren), die von Männern verfasst wurden, unterstützen unkritisch die Meinung, dass es keine Vergewaltigung war, sondern mit Beteiligung der jungen Frau geschah.

    Kirche ist nur Kirche und Politiker nur Politiker, aber Macht und Anerkennung haben sie in einem demokratischen Staat nur, wenn die Gesellschaft das will. Und die polnische Gesellschaft ist zu großem Prozent offensichtlich leider nicht so intelligent und primitiv (tja, die Geschichte des Landes war wohl zu schwer). In die Kirche gehen und dann Unrecht akzeptieren.

    Die Welt braucht keine Machos. Sexuelle Gewalt ist die schlimmste Art von Gewalt.

  • SB
    Sven Berner

    Ganz unabhängig ob es nun eine Vergewaltigung war oder nicht, bin ich der Meinung Glaubensvertreter sollten ihre Meinung ausschlieslich in der Kirche äußern und Andersdenkende nicht damit belästigen. Schließlich gibt es in einer modernen Demokratie so etwas wie die Trennung von Staat und Kirche und ein wenig Toleranz sollte man erwarten dürfen. Leider gibt es Fundamentalisten nicht nur im Islam.

  • G
    GlaubAnDichSelbstUndNichtAnDieKirche

    Interessant, was die kirchlichen Institutionen in Polen und anderswo sich anmaßen. Mit der Trennung von Staat und Religion scheint es ja nicht gerade weit zu sein.

    Wann geht diesen "Gläubigen" endlich ein Licht auf und wann kapieren sie endlich, dass die Institution seit Hunderten von Jahren Hetze gegen Minderheiten und Benachteiligte betreibt??? Wieso diskriminiert die Katholische Kirche Homosexuelle? Wieso wird einem vergewaltigten Mädchen die Zukunft verbaut und das ganze Leben zur Hölle gemacht, nur weil irgendein ignoranter "Mensch" eine ganz bestimmte Meinung über Gott und die Welt hat? Die Beispiele sind vielfältig...

    Leute, glaubt an euch und eure Vernunft und nicht an ein solch elenden Laden wie die Kirche. Ich sage nichts gegen den Glauben an sich, aber was vor allem die katholische Kirche daraus macht, ist mehr als haarsträubend. Mich wundert es immer wieder, dass sich diese Menschen noch offen auf der Straße bewegen können...

  • W
    wolfsraunen

    Wer trotz allem weiter Mitglied der katholischen Kirche bleibt, ist, ob er will oder nicht, Sympathisant und Unterstützer einer faschistoiden, weltumspannenden, totalitären Institution. Die katholische Kirche ist genauso wenig reformierbar, wie es die NSDAP war. Für einen geistig gesunden, integeren Menschen kann es nur eine Konsequenz geben: Austreten!!!!

  • M
    Monsterchen

    In Polen scheint die katholische Kirche im 14. Jahrhundert geistig stehen geblieben zu sein. Für mich ist das nichts anderes wie ideologisch geprägter kirchlicher Fanatismus was sich da abspielt. Ich hoffe das auf politischer Ebene die EU Rückgrat zeigt und den rechten neoradikalen polnischen Katholiken Ihre Grenzen aufzeigt.

    Mann kann gegen Abtreibung sein aber gerade in diesem Fall ist es geradezu eine zumutung was da abläuft zu mal die Abtreibung rechtens war durch die geletene Gesetzgebung. Wenn Polen ein teil des modernen Europa sein will dann muß man sich auch an Rechtsstaatlichkeit und deren Verläßlichkeit wie auch tolleranz gegenüber andersdenkener messen lassen und nicht wie hier propagiert ins Zeitalter der Inquisition zurückfallen.

  • KW
    Konrad Walenrod

    http://tiny.pl/kn11

     

    Aus einem polnisch-katholischen Forum!

     

    Ich darf mit der freundlichen Genehmigung der Redaktion übersetzen?

     

    Entgegen der früheren Presseberichten war die Schwangerschaft des 14-jährigen Teenegers nicht die Folge einer Vergewaltigung.

    Das Mädchen hatte eine Mehrmonatige Beziehung mit einem um ein Jahr älteren Jungen...

     

    ###

    Ciąża 14-latki z Lublina – wbrew pierwszym doniesieniom prasowym - nie była wynikiem gwałtu, ale związku z o rok starszym od dziewczynki chłopcem, z którym utrzymywała relacje od wielu miesięcy.

    ###

    http://forum.fronda.pl/?akcja=pokaz&id=1732051