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Rabiat auf die Finger gepatscht

■ Die Charlottenburger Basketballer erwehrten sich erfolgreich der arg robusten Spielart von Bramsche (121:111), und auch gegen Aufsteiger Herten gab es am Sonntag keine Schwierigkeiten (114:72)/ Der Bramscher Wendt als Korbmaschine

Charlottenburg. Jetzt war sie auch in Berlin zu sehen, die momentan kurioseste Mannschaft der Basketball- Bundesliga. Und die soeben genannten des Turn- und Sportvereins aus Bramsche bei Osnabrück waren auch gegen die Favoriten der BG Charlottenburg jederzeit bereit, ihre für den Basketballsport etwas ungewöhnliche Spielweise ausführlich zu demonstrieren. Daß sie dieses am Freitag nicht immer konnten hatte seine Ursache in der doch ziemlich hohen Erfolgslust des Charlottenburger Trainers Faruk Kulenovic. Erbost über das unkonzentrierte Spiel mit einhergehender Niederlage vor einer Woche in Gießen drückte er seinen Spielern zusätzliche Übungsstunden auf, eine Art Nachsitzen für ungehörige Schüler.

Das pädagogische Meisterstück hatte anfangs großen Erfolg. In den ersten zehn Mimuten trickste und kombinierte die »erste Fünf« der BGC den Aufsteiger aus Bramsche so mühelos aus, daß Kulenovic beim Stande von 47:23 meinte, ohne zu erwartende Probleme auch die Reservisten einsetzen zu können.

Doch genau zu dieser Zeit begannen die Gäste zu zeigen, warum sie den gegnerischen Teams nicht sonderlich angenehm sind, den ZuschauerInnen dagegen zwiespältige Unterhaltung bieten.

Zusammenfassend könnte man die Bramscher Spielweise als niedersächsisches Bauern-Basketball bezeichnen. Zwar ist schon lang bekannt, daß das geforderte körperlose Spiel durch versteckte Fouls und fiese Tricks umgangen wird, doch die Bramscher als Vertreter der gradlinigen, robusten Menschen aus dem rauhen Norden der neuen Republik war dies wurscht. Mit unübersehbarem Körpereinsatz störten sie nun recht rabiat das Aufbauspiel der Berliner, was erstaunlicherweise weitgehend von den Schiedsrichtern toleriert wurde.

Der mit 1,88 etwas schmächtig geratene Wilhelm Reinhard durfte sogar öfters Charlottenburgs Spielmacher Zoran Radovic bös auf die Finger patschen oder am Trikot zu Boden zerren. Solche Geschichten sorgten dann nicht nur bei den fast 700 BesucherInnen für eine ziemlich gereizte Stimmung, das Spiel wurde noch ruppiger, was meist den Gästen Vorteile einbrachte.

Denn zusätzlich probierten sie nun ihre kuriose Abwehrtaktik, den Gegner schon beim Anwurf unter dessen Korb in Preßdeckung zu nehmen, soll heißen, alle Bramscher blockten, in einer Kette stehend, schon den ersten Abspielversuch der BGC meist erfogreich ab.

Den mentalen Beitrag dazu leistete das nächste Bramscher Kuriosum: Trainer Burghardt Brämer, erst 24 Jahre jung und schon arg Gastritis- gefährdet, mit leistungsfähigem Brüll-Organ und rumpelstilzeskem Bewegungsablauf. All diese netten Begebenheiten schafften die Voraussetzungen für den Knaller des ganzen Spieles, einen Menschen namens Gregory Wendt, der es in bisher in jedem Spiel geschafft hatte, mehr als 40 Punkte zu erzielen.

Nachdem er durch Radovic und Wadehn zunächst gut abgedeckt wurde, gönnte er sich ein kleines Päuschen, um es anschließend diesmal auf insgesamt 48 Punkte zu bringen. Dabei entpuppte er sich als einziger Bramscher mit Ballgewandheit, und war trotz massigen Körperbaus beweglich, flink und dauernd unter dem Korb zu finden.

Diesem erstklassigen Werfer und der ungewöhnlichen Taktik ist das letzte Ungewöhnliche der Gäste zu verdanken. Daß sie nämlich bisher nur dreistellige Ergebnisse erzielt haben. Was aber die Charlottenburger diesmal auch konnten, denn sie merkten tatsächlich noch, daß sie diese Taktik mit schnellen Pässen leicht überlisten konnten, so daß sich viele Dunking-Möglichkeiten allein vor dem Bramscher Korb ergaben. Zufriedenheit herrschte trotz des Sieges überhaupt nicht, nach dem Abpfiff gab's einen deftigen Trainer- Anschiß für die Spieler. Schmiernik

Sonntag: Gegen das spielerische Vermögen der BG Charlottenburg stand TuS Herten vom Anpfiff an auf verlorenem Posten. Mit 114:72 (58:38) gewannen die Gastgeber vor nur knapp 300 Zuschauern. Trainer Faruk Kulenovic setzte alle seine Reservisten ein und schonte dadurch seine Spitzenkräfte, die in den nächsten 21 Tagen achtmal gefordert werden.

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