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RTL2 mault über „Willkürakt“

■ Medienwächter verdonnern Sender zu Trockenbetrieb

Jetzt werden die Herren von RTL2 aber sauer. Bislang haben die Privatfunker aus Köln alle Maßnahmen der Landesmedienanstalten gegen die Medienkonzentration mit gelassenem bis arrogantem Optimismus beantwortet. In kürzester Zeit, so glaubten die Senderchefs, hätten sie ihre Lizenz in der Tasche und terminierten den Start für den morgigen Samstag.

Die Hessische Landesanstalt für Privaten Rundfunk (LPR) hat die endgültige Entscheidung nun auf den 17.Dezember vertagt (s. taz vom Mittwoch). Der Sendestart ist geplatzt und mußte auf Januar 1993 verschoben werden. „Höchst unverständlich“ findet Geschäftsführer Gerhard Zeiler die Verzögerung und verleiht in Bloßlegung einer merklich getrübten Seelenlage seinem „Eindruck eines amtlichen Willküraktes“ Ausdruck. Herbert Kloiber, als Geschäftsführer von Tele München Vorsitzender der RTL2-Gesellschafter, will sich da auch nicht lumpen lassen. Die LPR-Entscheidung stelle eine „massive Wettbewerbsverzerrung“ dar und zementiere die Vormachtstellung von Leo Kirch.

Die Unterhaltungsmacher von RTL2 verstehen die Medienwelt nicht mehr. Hatte man doch auf Drängen der Privatfunkkontrolleure den 8,5-Prozent-Anteil des mutmaßlichen Treuhänders BIL auf Tele München und den Heinrich Bauer Verlag verteilt. Diese beiden Gesellschaften halten nun zusammen die Mehrheit an RTL2. Die 24 Prozent von Partner CLT können damit – ganz nach Wunsch der LPR – nicht mehr das Zünglein an der Waage spielen. „Abschließenden Klärungsbedarf“ hat man in Kassel aber noch über die Verbindung von RTL2 und RTLplus. Im Sinne der staatsvertraglich vorgeschriebenen Meinungsvielfalt soll der bestimmende Einfluß der Radio-Luxemburg-Holding CLT auf Programmbeirat und Geschäftsführerposition bei RTLplus „unwiderruflich zurückgeführt“ werden. Zudem forderte die LPR, die Wettbewerbsklausel im Gesellschaftervertrag von RTLplus „ersatzlos aufzuheben“. Dadurch ist jede Beteiligung einzelner an anderen Sendern bisher an die Zustimmung aller RTLplus-Gesellschafter geknüpft. Die Medienwächter haben einem Antragsteller damit erstmals schmerzhaft ihre Kontrollfunktion ins Gedächtnis gerufen. Tapfer, tapfer, PapiertigerInnen! Jetzt kommt es darauf an, die harte Linie weiterzufahren. Nicht nur gegen Frischlinge wie RTL2, sondern auch gegen alteingesessenen Privatfunkfilz.

Den RTL2-MitarbeiterInnen bleibt indes der wenig erquickliche Trockenbetrieb. Im Sendezentrum testet man das Progamm im Probedurchlauf. „Damit die Kollegen nicht abschlaffen.“ Christoph Heinzle

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