ROBERT ENKE, 96-TORHÜTER : Robert Riese
■ schwieg kürzlich auch zu Gerüchten, er würde zum HSV wechselnFoto: dpa
Neun Minuten vor Spielende kam dieser Ball angesegelt. Aus einer verunglückten Flanke wie der des Kölners Fabrice Ehret kann man als Torhüter ein Drama machen, danach hechten und dabei spektakulär durch die Luft wirbeln. Robert Enke entschied sich dafür, kurz nachzudenken, die Arme wie zur Entwarnung zu heben und den gefährlich aussehenden Ball in aller Ruhe ins Tor-Aus segeln zu lassen. Das fehlerlose Comeback des Torhüters von Hannover 96, und das hat nur bedingt mit dem ungefährdeten 1 : 0-Erfolg der Niedersachsen beim 1. FC Köln zu tun, verlief so souverän, dass es eine echte Freude war.
Zwei Monate lang hatte sich Enke ein Duell mit einem fiesen Rivalen geliefert, der nicht René Adler oder Tim Wiese, sondern Campylobakter heißt. Dass der 32-Jährige nach der Pause wegen des Magen-Darm-Bakteriums gleich wieder einen nahezu perfekten Auftritt als 96-Kapitän hingelegt hat, wundert in Hannover niemanden. Denn Enke, den sie an der Leine voller Ehrfurcht „Robert Riese“ nennen, gilt als Zuverlässigkeit in Person. „Das geht eiskalt den Rücken runter“, sagte der Schlussmann nach dem Sieg im Rheinland und meinte die für ihn ausgerichteten Jubelarien der 96-Fans.
Es gibt in der Bundesliga für fast alles eine Statistik. Es macht bei einem wie Enke aber keinen Sinn, wie ein Buchhalter die Zahl der parierten Bälle zu ermitteln. Der Routinier, der schon in Mönchengladbach, Barcelona und Istanbul sein Glück versucht hat, punktet mit einer Qualität, die man bei vielen Profis vergeblich sucht. Er kann schweigen. Was den Nationalelf-Konkurrenten Adler und Wiese auf Dauer nicht gelingen will, zeigt dieser Mann wie auf Bestellung. Bälle halten, Klappe halten: Ein Typ wie Enke, der auch zu den dümmsten Fehlern seiner Nebenbuhler schweigt, wird schneller wieder Deutschlands Nummer eins, als sich die Konkurrenz danebenbenehmen kann. CHRISTIAN OTTO