RALPH BOLLMANN ÜBER DIE SPD UND IHR GRIECHENLAND-DEBAKEL : Wenn Rot und Grün sich spalten
Die SPD war um ihre Ausgangslage nicht zu beneiden. Zweimal hatte sie seit der Bundestagswahl schon mit dem schwarz-gelben Regierungslager gestimmt, bei Afghanistaneinsatz und Jobcenterreform. Sie lief Gefahr, unter Angela Merkel als Opposition ihrer Majestät zu gelten. Dass die SPD der Griechenlandhilfe ohne einen eigenen Verhandlungserfolg zustimmen könnte, war unter diesen Umständen schwer vorstellbar. Zumal Unionsvertreter vorab bereits verbreiteten, die Partei sei eingeknickt.
Mit dem Ergebnis kann trotzdem niemand zufrieden sein. Die SPD hat zu viel taktiert und am Ende verloren. Mit ihrer Stimmenthaltung steht sie als eine Partei da, die den europafreundlichen Konsens verlässt. Auch war der Zusammenhang nicht zwingend, den sie zwischen Griechenland und der Transaktionssteuer herstellte. Ursache der Krise waren falsche Zahlenangaben und hohe Schulden, erst danach kamen die Spekulanten.
Aber auch die Kanzlerin hat nicht gewonnen. Schon zwei Tage vor einem möglichen Verlust der Bundesratsmehrheit bekam sie einen Vorgeschmack darauf, wie kompliziert das Regieren mit wechselnden Koalitionspartnern ist. Sie hätte der SPD gern die folgenlose Zusage gemacht, auf den nächsten Gipfeltreffen das Wörtchen „Transaktionssteuer“ aufzusagen. Es hätte sie nichts gekostet. Aber mit der FDP war es nicht zu machen.
Ein guter Tag war es nur für die Grünen, die es als Partei europafreundlicher Eliten allerdings auch leichter haben. Sie verzettelten sich nicht in taktischen Finessen. Anders als die SPD stimmten sie für die Hilfen, die sie wochenlang gefordert hatten, und tadelten das Zögern der Regierung. Trotz dieser Kritik schwebte über dem Plenum eine Ahnung von Schwarz-Grün. Die Kanzlerin wird es gefreut haben, für die SPD vollendete es die – selbst verschuldete – Niederlage.
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