RAF: Eva Haule freigelassen
Zwei Anhörungen brauchte das Oberlandesgericht Frankfurt, um Eva Haule aus der Haft zu entlassen. Jetzt sitzen nur noch zwei RAF-Terroristen im Gefängnis.
Die ehemalige Angehörige der RAF, Eva Haule, wird in der kommenden Woche aus der Haft im Gefängnis Berlin-Plötzensee entlassen. Dies entschied gestern das Oberlandesgericht Frankfurt am Main. Damit sind nur noch zwei ehemalige RAF-Leute in Haft, nämlich Christian Klar und Birgit Hogefeld.
Zu lebenslanger Haft verurteilte frühere Mitglieder der RAF, die vorzeitig auf Bewährung entlassen wurden:
2007: Brigitte Mohnhaupt nach 25 Jahren
2001: Rolf Heißler nach 22 Jahren
1999: Stefan Wisniewski nach 21 Jahren
1998: Adelheid Schulz nach 16 Jahren Haftverschonung, später begnadigt
1998: Peter-Jürgen Boock nach 17 Jahren
1995: Knut Folkerts nach 18 Jahren
1995: Irmgard Möller nach 22 Jahren
1995: Karl-Heinz Dellwo nach 20 Jahren
1995: Lutz Taufer nach 20 Jahren
1993: Bernhard Rössner nach 18 Jahren
Haftverschonung, später begnadigt
1992: Günther Sonnenberg nach 15 Jahren Haftverschonung
Durch eine Begnadigung auf freien Fuß kamen: Rolf-Clemens Wagner (2003 nach 24 Jahren Haft), Helmut Pohl (1998/20), Hanna Krabbe (1996/21), Verena Becker (1989/12), Monika Speitel (1989/11), Manfred Grashof (1988/17) und Klaus Jünschke (1988/16) DZY
Die 1986 verhaftete Eva Haule war 1994 vom selben Frankfurter Gericht zu einer lebenslangen Gefängnisstrafe verurteilt worden. Unter anderem soll sie an dem Anschlag auf die Frankfurter Airbase 1984 beteiligt gewesen sein, bei dem zwei Amerikaner starben. Zuvor wurde der Soldat Edward Pimental ermordet, um mit seinem Ausweis in die Airbase zu kommen. Auch für diese Tat wurde Haule verurteilt.
Vor zwei Jahren beantragte sie ihre vorzeitige Entlassung auf Bewährung. Daraufhin setzte das Oberlandesgericht eine Mindesthaftzeit von 21 Jahren fest, die jetzt endet. Auf einen neuen Antrag der 53-Jährigen hat das Gericht nun die Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt. Am Dienstag kommt Haule frei.
Zu prüfen war in diesem Verfahren nur noch, ob der Entlassung "Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit" entgegenstehen. Dies verneinte der Senat und wies auf Haules Mitwirkung bei der Selbstauflösung der RAF im Jahr 1998 hin. Zudem habe sie klargemacht, dass sie den "bewaffneten Kampf" nicht mehr als geeignetes Mittel zur Durchsetzung politischer Ziele sehe.
Ganz einfach war die Entscheidung für das Gericht offensichtlich nicht, denn Haule wurde binnen weniger Wochen zweimal zu einer Anhörung vorgeladen. Das erste Gespräch hatte noch Fragen offengelassen, sagte gestern ein Justizsprecher zur taz. Einzelheiten könne er nicht mitteilen, da die Anhörung nicht öffentlich war. Für die Freilassung hatten sich auch ein psychologischer Sachverständiger, die Berliner Gefängnisleitung und die Bundesanwaltschaft ausgesprochen.
Vor Haule waren schon zahlreiche wegen Mordes verurteilte RAF-Mitglieder nach Verbüßung ihrer Mindesthaftzeit auf Bewährung entlassen worden. Zuletzt konnte Brigitte Mohnhaupt Ende März nach 24 Jahren das Gefängnis verlassen.
Die nächste reguläre Freilassung eines früheren RAF-Mannes steht im Januar 2009 an, wenn Christian Klar seine 26-jährige Mindesthaftzeit abgesessen hat. Der Bundespräsident Horst Köhler hatte im Mai Klars Begnadigung abgelehnt. Derzeit erhält Klar erste Vollzugslockerungen zur Vorbereitung auf die Entlassung. Zweimal konnte er bereits in Begleitung von Wachpersonal das Gefängnis verlassen. Erst Anfang 2008 sollen nach dem Willen von Landesjustizminister Ulrich Goll (FDP) unbegleitete Ausgänge folgen. Eine "haftbegleitende" Ausbildung Klars zum Bühnentechniker, die der Intendant des Berliner Ensembles, Claus Peymann, Klar angeboten hat, lehnt Goll weiterhin ab.
Für Birgit Hogefeld, die später als die anderen, nämlich 1993, festgenommen wurde, endet die Mindesthaftzeit erst im Jahr 2011. Köhler verweigerte im Mai zwar eine Begnadigung, sagte aber, er werde ihr Gesuch "zu gegebener Zeit erneut und von Amts wegen" prüfen.
Im Erinnerungsjahr 2007 standen zuletzt allerdings weniger die Gefangenen als die Anschläge des Jahres 1977 im Mittelpunkt. Michael Buback, der Sohn des erschossenen Generalbundesanwalts, reagiert heute in der taz auf die erstmalige Veröffentlichung der alten RAF-Urteile.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut