■ Querspalte: Desiderium zoniae
Zu wilden Wendezeiten gab es in Thüringen eine Punkband mit dem schönen Namen Rotz, Kotz, Schleimkeim. Das waren verwegene Burschen mit rauhen Kehlen, unverständlichen Songtexten und konstantem Alkpegel. In einer verqueren Mischung aus Stolz und Verachtung sangen sie dem Staat, in dem sie groß wurden, Lob: „Ata, Fit, Spee, RFT/ Und Boxer-Jeans auf die ich steh. Das alles gab es mal bei uns/ In der DeDeRä/ In der Zone.“ Das gibt es noch immer, ihr trashigen Gralshüter ostzonaler Devotionalien. Ja, es gibt auch Sand- und Ampelmann, Vita-Cola, Spreewald-Gurke, Eberswalder Würstchen und blablabla. All den Vergangenheitsschrott, den man vergeblich versucht, um ihn in die biographischen Leerstellen zu füllen. Was der monomanische Sehnsüchtler ebenso braucht für seine Pathopatridalgia. Um nicht jenes unsägliche Geschöpf zu benennen, das sich aus den Worten Osten und Nostalgie ergibt.
Das gäbe nämlich Betragen Fünf, Mitarbeit Vier, und über die Benotung in Ordnung und Fleiß muß noch entschieden werden. Das könnte dann idealerweise die sächsische Schulbehörde machen, die sich des unschätzbaren Erbes der volksbildenden Kopfnoten einer Margot Honecker entsonnen hat. Kopfnoten? So manches „befriedigend“ hat einen daheim tatsächlich fast um den Kopf und dann in Teufels respektive Margots Küche gebracht. Grund der Schelte: nicht zu duldende Zeichen aufrührerischer Delinquenz und heimlicher Oppositionswille. Ganz arg, wenn im ergänzenden Beurteilungstext auch noch drin stand: „Sein Verhalten gegenüber Lehrern entsprach nicht immer den Anforderungen.“ Doch Rettung nahte: „Persönliches Engagement in der kommenden FDJ-Arbeit könnte seine Stellung im Klassenverband wieder festigen.“ Vorbei. Ja, wir damals wieder (nicht ganz) bei uns, und der Laibzscher Papa spricht zum Spund: „Nu, sei bloß ardsch, und mach keene Figugschen, und laß och die Fissdimadendschen, sonst grigste baar hinter de Löffl.“ Alles wie gehabt. Markus Völker
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