■ Querspalte: Nenn mich einfach Zwölfer
Daß wir die Erde von unseren Kindern nur geliehen hätten, ist eine zwar gutgemeinte, dennoch einigermaßen bekloppte, auf seltsame Weise sanftmütige und im übrigen kaum noch verwendete Aufforderung, verantwortlich zu handeln. Daß wir unseren Kindern wie aus Rache Namen verleihen, ist eine Notwendigkeit, der wir offensichtlich genauso verantwortungslos gehorchen. Gehorchen? Ach was. Im Gegenteil, ein zunehmend anarchisches Benehmen beim Benamsen ist zu beobachten. Wo sind die von keiner Selbstherrlichkeit angekränkelten Eltern, die sich an gefügte und bewährte Traditionen halten? Jeder, jede, jedes will das eigene Kind zu etwas Besonderem machen, ganz im Sinne La Bruyères: „Bei vielen Leuten ist nur der Name etwas wert.“ (Und mit dem bezahlen sie dann.)
Jüngst beantragte ein Elternpaar die standesamtliche Eintragung ihres Filius auf den Namen Crazy Horse. Ob Papa und Mama nun Neil-Young-Fans sind oder Verehrer des Sioux-Häuptlings, ist bedeutend weniger wichtig als die Tatsache, daß ihr Ansinnen abgelehnt wurde, nachdem die Personennamensberatungsstelle (ja, dergleichen gibt es) an der Uni Leipzig dem zuständigen Standesamt von der Erlaubnis abriet. Ebensowenig ließ man Pämela durchgehen, und man hat zweifellos recht daran getan. Doch weitaus Entsetzlicheres ist bereits aktenkundig. Mindestens ein Mensch in diesem Lande muß mit dem Namen Pumuckl sein Leben fristen. Man stelle sich vor, Pumuckl wird Schwergewichtsboxer. Welcher Gegner wird Pumuckl Müller nicht aus dem Ring lachen? Und nichts mit Schillers „Wenn der Leib in Staub zerfallen, lebt der große Name noch.“
Daß Lothar und Lolita ihren Sohn Lorus, Dasa und Aerospace ihr Arbeitsplatzvernichtungsprogramm Dolores nennen durften – all das ist nicht mehr zu ändern. Uns zeigt es, daß es nur eine Möglichkeit der Abhilfe gibt: Von heute an wird durchnumeriert, meinetwegen hilfsweise in der Form einer E-Mail-Adresse. Spart außerdem Platz auf maschinenlesbaren Ausweisen. Dietrich zur Nedden
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