■ Querspalte: Heute Aktuelle Kamera
TV-Fälscher Born sitzt im Knast, der ZDF-Zuschauer wie immer in der ersten Reihe und Klaus Feldmann im Studio des Cottbuser Lokal-Fernsehens. Da arbeitet der frühere Nachrichtensprecher des DDR-Fernsehens seine journalistische Schuld ab. Neulich las Feldmann bei einer ORB-Show mal die „heute“-Nachrichten im „Aktuelle Kamera“-Stil – das Publikum wieherte, offenbar klang vielen Ossis manche Formulierung wie aus gar nicht so ferner Zeit. Vor der Wende hat über die Realsatire der „Aktuellen Kamera“ keiner so richtig lachen können. Nicht mal die DDR-Fernsehschaffenden, die vom Ein-Mann-Fernsehrat des Politbüros, Joachim Herrmann, ihre exakten Empfehlungen bezogen.
Diese diktatorischen TV-Zeiten sind vorbei, und die Probleme werden demokratisch ausgetragen. Auch beim ZDF wurde jetzt ein „ärgerliches Vorkommnis“ (Intendant Stolte) freundschaftlich im Fernsehrat debattiert. Anlaß war die Sendung „Menschen 95“ mit Günter Jauch, der diesmal Opfer des TV-Fälschers vom Lerchenberg wurde. Das war der Kameramann, der den Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz, Kurt Beck (SPD), nur höchstens viermal ins Bild rückte, Johannes Gerster (CDU) aber 13mal. Um die Dimension der Realitätsverzerrung zu ermessen, muß man wissen, daß in Oggersheim und Umgebung gerade Wahlkampf ist und Gerster nur der Herausforderer. Enthüllt hat den Skandal Becks Botschafter in Bonn, Karl-Heinz Klär.
Nun leben wir ja nicht in der DDR, wo die Medien instrumentalisiert werden konnten. Herrn Klärs kollegialer Hinweis wurde im ZDF-Ausschuß „Spiele und Musik“ dankend aufgenommen und als Fehler („ohne böse Absicht“) erkannt. Künftig sollen Bildregie und Gästeprotokoll bei Sendungen mit Studiopublikum besser aufeinander abgestimmt werden. Mit dieser Regelung rettet wenigstens das ZDF den Ruf der Branche. Den TV-Fälschern keine Chance! Eine vorbildliche Form von Kritik und Selbstkritik. Gunnar Leue
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