■ Querspalte: Bubis, nehmt dies!
Schön ist es, frühmorgens im Bettchen zu liegen, derweil der Süße Kaffee und Honigbrot herbeischleppt und in der Küche freundlich vor sich hin flucht, bevor er endgültig anschaffen geschickt wird, also auf Schicht. Dabei läßt sich sogar das Radio ertragen, es sei denn, es spielt „Abenteuerland“ von „Pur“: „Komm mit ins Abenteuerland, der Eintritt kostet den Verstand“ – ein Ticket, das, schaut und hört man sich um, zirka 96 Prozent der Landsleute bereits freudig erwarten.
Anderswo ist's aber auch zappenduster: Ausgerechnet im oft für geschmackssicher gehaltenen Großbritannien hat „Take that!“ den Preis für die beste Single des Jahres erhalten – also nicht für ihre Auflösung, sondern für „Back for Good“, das sülzige Stückchen, das ich zu Kaffee und Honigbrot auch nicht ungern vorbeiplätschern ließ, bis gestern, als ich erstmals auf den Text achtete: „Whatever I said, whatever I did, Id didn't mean it, I just want you back for good ...“
Harmlos, könnte man sagen, das ist halt so im Pop, Hauptsache, es läßt sich gut singen, der Inhalt ist egal, aber die Ohren einer Frau hören feiner: „Egal was ich sagte oder tat, es war nicht so gemeint, Schatz, stell dich nicht an und komm nach Hause!“ lautet die freie, aber sehr genaue Übersetzung. „Back for Good“ hat das Zeug dazu, zur Arie der Frauenhäuser zu werden: Ach, ich hab' dich behandelt wie Mist und dir kräftig ein paar eingeschenkt, aber eigentlich bin ich ganz anders, komm zurück, Liebes, ich habe auch Veilchen gekauft... – Die deutsche Vorlage für den „Take That!“-Hit stammt ausgerechnet von den „Wildecker Herzbuben“: „Herzilein, du darfst nicht traurig sein, es war doch nur der Wein, ich schlug dir den Schädel ein...“ Daß dies eine „man's man's world“ ist, ist nicht neu; daß aber nicht nur Männer, sondern auch schon Bubis – nein nicht Ignatz Bubis, sondern kleine Jungs; was kann ich dafür, daß der Mann mit Nachnamen so heißt wie der Plural von Bubi? – frech den Schnabel aufreißen, ist doch zu arg. Zwei links, zwei rechts, sagt Mutter. Wehret den Anfängern! Gabriele Sanft
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