piwik no script img

■ QuerspalteThunfisch angelt Mäuse

Die neue Unübersichtlichkeit, fundamentale Lehrsätze wanken. Zum Beispiel: „Mit Speck fängt man Mäuse.“ Von wegen. Mit Thunfisch! Und das kam so: In Birmingham tobte die Mäuseplage. Renommierte Zoologieprofessoren wurden angestellt, Minderheitenvoten eingeholt, die City wurde mit Giftköder und Fallen zugestellt. Ergebnis: Die Graupelze lachten sich halb tot. „Sie waren überall“, berichtet Nager-Experte Rick Humphries im New Scientist. Als er das Zentrum der Epidemie im „Bull-Ring-Complex“ der Stadt observierte, „waren alle Wände voller Mäuse, und sie sind mir über den Kopf gelaufen“. Das war bitter für den großen Kenner der Spezies.

Es blieb dabei. Die Tiere gingen in keine Falle, sie fraßen keine Köder, und sie wurden immer mehr. Schließlich gelang es Humphries' Studenten, wenige Exemplare lebendig zu fangen und ihre Gewohnheiten zu studieren. Zusätzlich wurden noch einige Landmäuse aus Berkshire eingestallt und wurde Vergleichsforschung betrieben. Sofort stellte sich heraus, daß die Landtölpel strohdumm waren und in jede Falle tappten – keine Überraschung. Dann fanden die Forscher, daß die Stadtmäuse gegen Getreide allergisch waren. Sie mochten es nicht nur nicht, sie vertrugen es auch nicht. Obduktionen erbrachten Gewißheit. Ihr Verdauungstrakt war für den Verzehr von Getreide ungeeignet. Die Beta-Amylase, wichtigstes Enzym zur Stärkeverstoffwechslung, war abnormal niedrig. Der schwere Verdauungsmangel wurde weitervererbt und rettete den Stadtmäusen das Leben: Das tonnenweise gestreute Giftgetreide fanden sie zum Kotzen.

Was fraßen sie dann? Am liebsten Thunfisch. Am zweitliebsten Hühnchen. Dann sausages und was im Speckgürtel der Burger-Restaurants sonst noch im Müll landete. Die Verdauungsschwäche war keine Genmutation durch Atom- oder Genunfall, sondern perfekte Adaption an die McDonald's-Welt. Darwin pur. Genutzt hat's nix: Die Professoren orderten zwei Container Strychnin-Thunfisch, dann war aus mit Maus. Manfred Kriener

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen