piwik no script img

■ QuerspalteSemantik und Straßenkampf

Mehrmals jährlich gibt es verschiedene antideutsche, antirassistische, antisexistische und antikapitalistische (Reihenfolge bitte selbst festlegen) Großereignisse, bei denen in der Mehrzahl junge, gutgelaunte Menschen gewaltige Wegstrecken auf sich nehmen, um auf leeren Straßen unbedachte Sätze zu skandieren. Es nennt sich Demo, und für die Sprüchlein will nie jemand verantwortlich sein.

So wird mitten in Berlin oder Düsseldorf ein Funke zum Steppenbrand, und die PolizistInnen werden mit Marionetten, ha! ha! ha! bis ins letzte Glied verflucht und erniedrigt. Doch halt, am Samstag in Berlin, als sowohl der G7-Finanzgipfel wie auch das 150jährige Siemensjubiläum – wie immer voll Wut und Trauer – beklagt und beprotestiert wurden, erhielt autonome street credibility ein anderes akustisches Profil: Weniger irrationale Kurzprosa wurde ausgerufen. Abgesehen davon, daß die G7-GegnerInnen allen Ernstes „1, 2, 3, viele Limas“ (!!!) schaffen wollten, wurden vornehmlich Straßen- und Häuserkampf-Melodien vom „Lauti“ eingespielt. Eine Annäherung an die Love-Parade? Oder ist das Demo-Volk tatsächlich ermüdet und mag seinen Textbeitrag nicht mehr liefern?

Fragen über Fragen, und die Saison ist noch nicht vorbei. Am 8. März ist Frauentag (der 14. Februar, Valentinstag, wird leider immer noch ignoriert). Dann werden Frauen wieder auf stillgelegten Kreuzungen im Viervierteltakt behaupten, sie würden kämpfen, leben und im Anschluß das System aus den Angeln heben. Und nachher will's wieder keine gewesen sein. Gerüchten zufolge soll sich kürzlich in Hamburg (200 FrauenLesben auf leergefegter Straße gegen das Patriarchat) eine Guerilla zur Kreation neuer Sentenzen zusammengefunden haben. Sobald sich der neugegründete AK Autonome Semantik über das Für und Wider des Reimzwangs einig geworden ist, soll ein Wettbewerb zur Bereicherung des Repertoires ausgerufen werden. Der Einsendeschluß wird auf diesen Seiten bekanntgegeben, der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Ulrike Winkelmann

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen