■ Querspalte: Der Angriff rollt
„Bayerisches Landesamt für Verfassungsschutz, Grüß Gott.“ – „Guten Tag, ich hätte gerne das Referat gesprochen, das bei Ihnen für Skateboardertum zuständig ist.“ – „Skateboardertum? Sie, was is'n dös?“ Ja, das hätten wir eigentlich gerne vom Verfassungsschutz erfahren, dem bayerischen zumal, wo der immer so wachsam ist. Hatte doch Bundesinnenminister Kanther eine neue nationale Bedrohung ausgemacht: Diesmal steht der Feind nicht links, sondern auf Rollen. Am Freitag hatte Kanther erklärt, auf wen sein neues Konzept zur Verbrechensbekämpfung abzielt: „Alkoholismus, Pennertum, aggressives Betteln und Skatebordertum sind – auch wenn sie nicht Straftaten sind – nicht zu dulden, weil sie das Sicherheitsgefühl der Bürger verschlechtern.“
Anruf im Bundespresseamt: „Ich hätte gerne den Gefahrenbericht der Bundesregierung zum Skateboardertum.“ – „Ne, den habe ich nicht. War das 'ne Antwort auf 'ne Anfrage im Bundestag?“ Offenbar gibt es noch keinen Gefahrenbericht. Schläft die Bundesregierung? Längst hat das organisierte Skateboardertum seine Tentakel tief in unser Land gegraben. Itzehoe und Marl nennt die Telekom-Auskunft auf unsere Frage nach Skateboarder-Stützpunkten in der Republik. In Itzehoe meldet sich ein Sportgeschäft. Eine Deckadresse? Der Geschäftsführer und Skateboardprofi Malte N. bekennt gegenüber der taz: „Wir haben so unsere Stellen, wo wir uns treffen.“ Mike B., Sportfachverkäufer im Berliner Karstadt am Zoo, weiß von Bandenkriegen im Milieu: „Die Skateboarder liegen dauernd im Clinch mit den Inlineskatern.“ Kurz vor Redaktionsschluß schließlich findet sich noch politischer Flankenschutz für Kanthers Initiative. Herr Ziegler vom bayerischen Innenministerium fordert, man müsse die Innenstädte sicherer gestalten. „Da gibt's aggressive Skateboarder, da gibt's aggressive Radfahrer.“ – „Und aggressive Autofahrer?“ fragen wir schüchtern den Mann aus dem BMW-Land. Antwort: „Die sieht man nicht so häufig in der U-Bahn!“ Patrik Schwarz
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen