■ Querspalte: Heiraten, aber fix!
Ruhig atmen, hecheln, pressen, pressen! Und noch einmal ruhig atmen – Sie da! Sofern Sie männlichen Geschlechts und nach Recht und Gesetz verheiratet sind, das müssen Sie mitmachen, wenn die Gattin niederkommt. Das ist Beistand, dazu sind Sie gesetzlich verpflichtet. Auch Fencheltee kochen gegen Säuglingsblähungen oder Kuchen mit Schlagsahne ans Wochenbett bringen gehört zu Ihren rechtlich geregelten Obliegenheiten. Nicht etwa aus Fürsorge – das haben Sie qua Gesetz zu leisten. Das Bundesverwaltungsgericht hat es entschieden. Nicht direkt so, aber im Umkehrschluß.
Ein unverheirateter Beamter nämlich, so die Richter, hat keinen Anspruch auf Sonderurlaub, wenn seine Gefährtin ein Kind zur Welt bringt. Im Gegensatz zum verehelichten. Der kriegt ein paar Tage frei, denn der hat eine gesetzliche Beistandspflicht gegenüber der Gattin. Das tut gut zu wissen und war längst überfällig: Auch Händchenhalten und Schweißabwischen werden in Deutschland von Juristen geregelt.
So brechen neue Zeiten an. Jetzt werden ausnahmslos alle Ehemänner treusorgend an Wochenbetten stehen. Umgekehrt werden Millionen Väter ohne Trauschein vor den Kreißsälen wieder kehrtmachen – ohne gesetzliche Verpflichtung kein Beistand für Mutter und Kind. Recht muß Recht bleiben. Welcher Mann will schon, ohne Gesetzeszwang, einen Blick aufs Neugeborene werfen? Unterhalt zahlen – gerne. Das ist ja Gesetz. Aber auch anschauen, anfassen, streicheln, das Neugeborene, wo kommen wir da hin!
Wirklich ein lebensnahes Urteil. Genauso lebensnah klingt auch die richterliche Begründung. Ein Dienstherr wisse ja nicht, welcher Art die Bindung des unverheirateten Untergebenen zur Mutter des Kindes sei. Im aktuellen Fall lebte der Vater, ein Zollbeamter, übrigens neun Jahre mit seiner Lebensgefährtin zusammen – neun Jahre ohne Trauschein, ratzfatz kann das zu Ende sein, wer wird sich da schon gegenseitig beistehen. Ob die Bundesverwaltungsrichter ahnen, wie lange heutzutage Ehen dauern? Vera Gaserow
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