■ Querspalte: Wer nicht pinkelt, der fliegt
Wer schon einmal auf dem Hauptbahnhof von Schwerin war, wird diesen entsetzlichen Anblick nie vergessen: Auf den Rolltreppen flegeln Junkies herum, ungestört setzen sie sich dort Schuß auf Schuß und versetzen brave PDS-Wähler in Schrecken. So ähnlich sieht es in der gesamten Stadt aus. Auf jedem Diskoklo gibt's Ecstasy zu Dumpingpreisen, und auf den Kinderflohmärkten gehen die Haschkekse weg wie Backstreet-Boys-Militaria. Jörg Krause-Dunow will diesen Rauschgiftsumpf ausrotten. Und wie es sich für einen anständigen Deutschen gehört, läßt der „Geschäftsführer“ des Pädagogiums, einer örtlichen Privatschule, erst einmal vor der eigenen Tür kehren. Der aus dem beschaulichen Lübeck in die mecklenburgische Drogenmetropole emigrierte Krause-Dunow hat in seiner Lehranstalt eine zukunftsweisende Regelung eingeführt: Drogentests für Schüler.
Einmal wöchentlich wird ein Pennäler für eine Urinprobe ausgelost. Wer einmal positiv getestet wird, bekommt „Hilfestellung für eine Suchttherapie“, und wer sich mehrmals mit Rauschmittelresten im Harn erwischen läßt, „kann nicht länger an unserer Schule bleiben“ (Krause-Dunow). Wer gar nicht erst pissen will, fliegt sowieso. „Die Eltern sind dafür“, betont der Testerfinder. Doch noch stehen diese Erziehungsberechtigten und ihr wackerer „Geschäftsführer“ allein an der Front, noch regt sich Widerstand gegen ein Kontrollsystem, das die blöden Stasi-Leute niemals auf die Reihe bekommen hätten. So sind andere Schulen noch schutzlos dem Terror der Drogenmafia ausgeliefert.
Erschütternd auch die Situation in den Firmen und Behörden Schwerins. Warum gibt es eigentlich immer noch Einstellungsgespräche ohne anschließenden Drogentest? Kein Betrieb müßte sich dann mehr mit Mitarbeitern herumschlagen, die ihren Heroin-Lunch allzu ausgiebig genießen. Wenn in dieser Stadt nicht bald mehr tatkräftige Männer wie Jörg Krause-Dunow ans Ruder kommen, wird sie endgültig im Drogenelend versinken! René Martens
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