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■ QuerspalteNintendo für ganz Alte

Die japanische Elektronikindustrie ist ganz schön clever. Die Kinder und Jugendlichen beglückte sie weltweit mit Tamagotchi, Gameboy und Walkman und die Erwachsenen mit dem Laptop. Bisher gab es nur leider nichts speziell für Rentner. Dabei werden die alten Menschen nicht nur in Japan bekanntlich immer älter. Nippons Pensionäre können zwar auch mit dem Tamagotchi, Gameboy, Walkman oder Laptop spielen – sofern sie noch alle Sinne beisammen haben. Doch wenn nicht, machte die Elektronikindustrie bisher kein Geschäft. Das wird sich jetzt zum Glück der angeschlagenen japanischen Volkswirtschaft ändern. Um hilflos umherirrende alte Menschen leichter wieder aufzufinden, hat die Gemeindeverwaltung der japanischen Stadt Hanouracho beschlossen, ein spezielles Sende- und Empfangsgerät für alte Menschen einzuführen. Personen, die unter altersbedingter Gedächtnisschwäche leiden, können vom nächsten Frühjahr an spezielle Sendegeräte erhalten, die kleiner sind als eine Zigarettenschachtel. Solche Geräte wurden biser nur in Krankenhäusern und anderen Gesundheitseinrichtungen verwendet. Mit Hilfe von über die Stadt verteilten Empfangsstationen können die von den Minisendegeräten ausgestrahlten Signale aufgefangen werden. Anschließend schwärmen dann Suchtrupps aus, die dem vermißten Oldie mittels tragbarer Detektoren auf die Spur kommen und schließlich „einfangen“ können. Das Gesundheitsministerium in Tokio geht bis zum Jahr 2000 von rund 1,5 Millionen Fällen altersbedingter Gedächtnisschwäche aus – und das nur für Japan. Global gesehen wartet hier ein riesiger Markt auf die kleine Elektronikfalle für Rentner. Dafür bedarf das Gerät allerdings noch eines verkaufsfördernden Namens, schließlich sollen sich die Rentner den Oldiepieper ja auch gerne zulegen. Wenn es also bei Ihrem nächsten Cafébesuch am Nachbartisch piept, könnte es statt des Handys eines Yuppies auch die Elektronikfalle eines Rentners sein. Reden Sie beruhigend auf ihn ein, zeigen sie ihm den Weg nach Japan. Sven Hansen

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