piwik no script img

■ QuerspalteDumm gelaufen

Ist Ihnen heute die Kaffeetasse runtergefallen? Der Schlüssel im Schlüsselloch abgebrochen? Die Marmelade auf den Schlips gekleckert? Tja, Pech gehabt. Doppelt sogar, denn es bleibt so. Das Pech steckt Ihnen in den Knochen, denn Pech ist vererbbar. Das haben natürlich Wissenschaftler herausgefunden, von der Universität Wales. Zwar haben sie das Gen noch nicht entdeckt, doch sie haben scharf hingeguckt: Hat ein Zwilling viel Pech, dann auch sein Schwesterchen.

Wer also aus einer Familie von Pechvögeln stammt, muß sich seinem Schicksal fügen – eben dumm gelaufen. Ist doch toll, was Forscher alles im Erbgut finden, erst das Schwulen-Gen, dann das für Kriminelle. Nun also Pech. Das ist hart für Astrologen. Die müssen nun umdenken, und ihre Planetenkarten durch Petrischalen ersetzen. Unser Schicksal liegt in den Genen, nicht in den Sternen. Gut zu wissen, der Wissenschaft sei Dank.

Wie schön: Wer frei vom Pech-Gen ist, kriegt künftig günstigere Raten für die Hausratversicherung. Der Nachbar leiht einem dann eher sein Auto, Winterreifen kann man sich sparen. Denn was soll noch schiefgehen, ohne Pech-Gen?

Aber ist das gerecht? Wo bleibt der Vorteil für unsere lieben Pechvögel? Ganz klar: Die Politik muß einschreiten. Alle sollen gleiche Chancen haben, so will es das Grundgesetz: Pechvögel kriegen Lottoscheine für die Hälfte – dieses Versprechen darf im Wahljahr nicht fehlen. Nie wieder Tombolas ohne Pech-Gen-Rabatt! Fußballteams mit genetisch gehandikaptem Keeper kriegen künftig ein Tor vor. Schwarzfahrer mit Pech-Gen werden bloß noch jedes zweite Mal zur Kasse gebeten.

So viel wird einfacher: Niemand muß nach Verkehrsunfällen noch teures Geld für Anwälte hinblättern. Gentest genügt, und der Schuldige ist gefunden. Nur eines ist unklar: Welches Gen zwingt Forscher eigentlich dazu, in unseren Genen ständig nach menschlichen Eigenschaften zu fahnden? Matthias Urbach

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen