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■ QuerspalteBiete Wählerstimme

Nach Ansicht vieler Politologen gehen Marktwirtschaft und Demokratie Hand in Hand. Herrsche wirtschaftliche Freiheit, dann folge die politische auf dem Fuße, lautet das Credo. Als Beweis werden Länder in Asien angeführt, die nach einer Phase wirtschaftlichen Wachstums demokratischer wurden. In einigen dieser Länder sind Marktwirtschaft und Demokratie mittlerweile so eng miteinander verzahnt, daß sie Synonyme wurden. So ist zum Beispiel in den Philippinen, die gerade einen Schauspieler zum Präsidenten wählten, Stimmenkauf weit verbreitet. Brave Politiker versprechen nur Brücken oder Straßen. Die anderen verteilen direkt Geld an die Wähler. Allerdings können sie dann nur darauf hoffen, daß es auch den gewünschten Effekt erzielt. Deshalb haben besonders Findige beim Stimmenkauf eine Qualitätskontrolle eingeführt – Geld nur gegen Leistung. Dem Stimmenverkäufer wird vor dem Gang in die Wahlkabine ein „richtig“ ausgefüllter Wahlzettel überreicht, den er in die Urne wirft. Den leeren Wahlzettel, den er im Wahllokal erhielt, übergibt er anschließend dem Stimmenkäufer gegen bare Münze. Der füllt ihn wieder „richtig“ aus... Wie es sich für die Marktwirtschaft gehört, richtet sich auch in der Demokratie der Preis nach Angebot und Nachfrage.

Völlig neue Wege beschritt man kürzlich bei den Parlamentswahlen in Hongkong. Um überhaupt die Menschen zum Wahlgang zu bewegen, ließ die Regierung der chinesischen Sonderzone Souvenirkarten für die sammelwütigen Hongkonger drucken. Insbesondere Kinder setzten ihre Eltern unter Druck, doch wählen zu gehen, weil sie die bunten Karten haben wollten. Die Bekleidungskette „Giordano“ ging noch einen Schritt weiter. Sie bot jedem Käufer mit einer Wahlsouvenirkarte einen Rabatt von 40 Prozent. Das Ergebnis: Trotz strömenden Regens gab es eine Rekordwahlbeteiligung und der Umsatz von „Giordano“ stieg an diesem Tag nach Angaben eines Filialleiters um ein Drittel. Sven Hansen

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