piwik no script img

■ QuerspalteAufmerksame Maschinen

Neulich drehte sich meine Freundin S. ausnahmsweise mal um, als sie bei ihrem Psychoanalytiker auf der Couch lag. Es war ihr komisch vorgekommen, daß sie jetzt schon dreimal gehört hatte: „Diese Gefühle sollten Sie ernst nehmen“ und „Das scheinen Sie früher öfter erlebt zu haben.“ Siehe da: S. entdeckte, daß hinter ihr ein kleiner sprechender Kasten stand. Ihr Psycho-Doc hatte den Raum klammheimlich verlassen. Die Geschichte ist erfunden und gibt zu denken: Wenn Menschen zu Maschinen werden, dürfen Maschinen auch zu Menschen werden. Daran arbeiten die US-Forscher am berühmten Massachusetts-Institut for Technology (MIT).

Die US-Forscher entwickeln neuerdings Computer, die in Videorekorder, Autolenkräder und anderes Freizeitgerät eingebaut werden sollen. Die Computer enthalten Sensoren, die den Biorhythmus des Menschen erkennen, Kameras, die menschliche Gesichtsausdrücke und individuelle emotionale Profile weitergeben können. Die Idee: Die Geräte sollen anhand der Emotionen des Nutzers quasi interaktiv agieren. „Es geht darum, Maschinen auf Menschen aufmerksam zu machen“, sagt Alexander Pentland, Leiter des Medien-Labors am MIT. Die Forscher tüfteln an einem Videorekorder, der die Langeweile des Zuschauers erkennt und von sich aus weiterspult oder abschaltet. In der Automobilindustrie experimentieren Forscher mit im Lenkrad eingebauten Kameras, die das Fahrzeug verlangsamen oder gar stoppen sollen, wenn der Fahrer übermüdet ist.

Es ginge „nicht darum, die Menschen zu kontrollieren, sondern darum, das Leben für sie angenehmer zu machen“, betont Pentland. Genau. Wie wäre es mit Spiegeln, die beim Anblick von müden Lidern und Hängebacken automatisch das vorteilhaftere Oberlicht einschalten. Und einem Teleprompter, der die umwerfendste Anekdote aus dem eigenen Leben nochmal automatisch in Erinnerung ruft. Wenn der interaktive Liebhaber kommt. Aber das ist dann eine andere Geschichte. Barbara Dribbusch

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen