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■ QuerspalteTolle neue Steuern

Mit José Maria Gil Robles ist ein neuer Stern am Politikerhimmel aufgestiegen. Der Präsident des Europaparlamentes warb auf dem EU-Gipfel für eine Idee, die ihm einen prominenten Platz in den Geschichtsbüchern sichert – wenn sie nicht wieder von irgendwelchen Kritikastern vereitelt wird: Die Bürger der EU sollten eine direkte Europa-Steuer bezahlen. Je nach Einkommen könnte die EU dann von jedem Geld eintreiben, die einzelnen Länder müßten offiziell nichts mehr nach Brüssel überweisen. Toll. Mit dieser Steueridee werden zwei Klappen mit einer Fliege erschlagen. Schlagartig wären die gelangweilten EU-BürgerInnen noch an den letzten Verwaltungsdetails aus Brüssel interessiert; schließlich hängt davon ab, wieviel ihrer Kohle dorthin wandert.

Und das Beispiel wird Schule machen. Welcher Verband, welche Behörde findet sich nicht entweder unterbezahlt oder mit mangelndem öffentlichen Interesse gestraft. Vom Inhalt her völlig gegensätzliche Organisationen könnten sich dann an der Haustür der braven Steuerzahler begegnen. Links hält das Umweltbundesamt seine Hand für eine dringende Großstudie zu einer neuen Ökogefahr auf, rechts sammelt die Atomindustrie für ihr Endlager – wobei die AKW-Betreiber voraussichtlich wieder dickere Summen losschlagen, weil sie glaubhaft mit einem GAU drohen können.

Ein Problem stellt allerdings noch die Bundeswehr dar. Hier müßte staatlicherseits für eine gewisse Waffengleichheit mit anderen Organisationen gesorgt werden. Steuereintreibende Soldaten in deutschen Wohnungen könnten ja vielleicht noch angehen. Wenn die Armee diesen Außendienst-Truppen eine prozentuale Provision gewährt, hätte die gute Bundeswehr auch endgültig keine Nachwuchssorgen mehr und müßte nicht so viele Rechtsradikale in ihren Reihen dulden. Aber schwere Waffen von der Panzerfaust aufwärts sollten fürs Geldkassieren vom Gesetzgeber untersagt werden. Sonst bleibt nichts mehr für die EU übrig. Und dann wäre Herr Gil Robles bestimmt traurig. Reiner Metzger

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